September 2015 – eine Insel voller Wunder
Absolute Stille. Nur das Geräusch der in die nachtdunkle See eintauchenden Paddel ist zu hören. Und plötzlich leuchtet das Wasser. Bei ruhiger See und schwachem Mondlicht erleben wir dieses Naturwunder. Bei Berührung im Wasser leuchtet das Plankton und etwas tiefer im Wasser sieht man andere ebenfalls leuchtende kleinste Lebewesen. Bei jedem Paddelschlag kommt das Leuchten wieder. Wir sind in Palau auf Ngellil Nature Island, in einem kleinen Resort, welches nur mit dem Boot zu erreichen ist. Saburo Ishige, der japanische Besitzer der Insel, hatte uns von diesem Naturphänomen erzählt, und dann, an einem Abend nach Einbruch der Dunkelheit, haben wir Glück. Die Bedingungen stimmen, und er holt uns zum Strand. Wir besteigen ein Kanu und paddeln hinter ihm in die Nacht hinein. Irgendwo zwischen den eng beieinander liegenden „Rock Islands“, grüne bewaldete Erhebungen aus Kalkstein, halten wir an und können nicht oft genug die Paddel vorsichtig ins Wasser gleiten lassen, um das Meer zum Leuchten zu bringen
Saburo bindet unser Kanu an seins, paddelt langsam zurück, und wir können einfach nur im Kajak sitzen und das Schauspiel genießen.
Von Taiwan aus sind wir nach einem Familienbesuch weiter nach Palau in Mikronesien geflogen. Eine kleine Republik, die nach Besatzungen durch Spanien, Deutschland und Japan, dann als Treuhandgebiet den USA zugeschlagen, endlich 1994 unabhängig wurde. Zuvor hatte es den von den USA gewünschten Beitritt zu den Föderierten Staaten von Mikronesien verweigert. Für eine Woche hatten wir dieses kleine, fernab liegende und nur mit Boot zu erreichende Ngellil Nature Island Resort gebucht.
Bevor wir in die Abgeschiedenheit der Rock Islands eintauchen, haben wir ein paar Tage, um Palau kennenzulernen und einen Eindruck von den Menschen, den Lebensbedingungen und den Sehenswürdigkeiten zu gewinnen. Mit einem Mietwagen kommen wir zuerst zu den Versammlungshäusern (Abeis), Langhäusern für die Männer, aus deren bunter Bemalung sichtbar wird, dass die Bewohner früher im Matriarchat lebten, von dem sich noch bis heute Teile erhalten haben. Etwas weiter entfernt von unserem Domizil besichtigen wir die beeindruckende Anlage von Ngerchelong, in welcher große schwarze Monolithen mit zum Teil verwitterten Gesichtern über das Gelände verteilt sind. Woher sie kommen ist bis heute unbekannt. Der Sage folgend wurden diese von den Göttern tief im Meer in totaler Finsternis aus den Felsen geschnitten und auf die Insel gebracht, um einen Versammlungsplatz zu bauen. Bei der Arbeit wurden sie durch den Schöpfer des Sonnenlichtes überrascht und gaben den Bau auf, da sie nur im Dunkeln arbeiten können.
In der Abendsonne draußen in einem Restaurant zu sitzen mit Blick auf die grünen Rocks im tiefblauen Wasser, wäre allein schon ein Grund hierher zu fahren und die weißen Strände und die einmalige Unterwasserwelt zu bewundern.
Doch was wir am nächsten Tag erleben, ist ein weiteres zauberhaftes Naturwunder : Die Quallenseen, die in den Rock Islands liegen.
Es sind Seen, die zum Wasseraustausch in Verbindung mit dem Meer stehen. Die Risse im Gestein sind so fein, dass keine anderen Tiere vom Meer hindurch in die Seen gelangen können. Deswegen gibt es hier nur endemische Lebewesen.
Einer dieser Seen ist für Besucher zugänglich, der Jellyfish Lake.
Wir wandern dorthin, um in diesem See zu schnorcheln. Etwas ungläubig, ob wir der Zusage trauen können, dass diese Jellyfische nicht doch bei Berührung brennen, tauchen wir in eine Wunderwelt inmitten von Tausenden von orangefarbenen Quallen, durch die wir vorsichtig hindurchschwimmen, um sie nicht zu verletzen. Von allen Seiten sind wir umgeben und in Kontakt mit den Quallen, die dazu im Gegenlicht der Sonne noch besonders leuchten.
Ein unbeschreibbares Gefühl, sanft unbeschadet mit diesen sonst so unangenehm assoziierten Tieren zu schwimmen. Das Geheimnis ist, dass diese Quallen seit ewigen Zeiten hier leben ohne natürliche Feinde, ausgenommen später eingeschleppte Seeanemonen. Ihre Tentakeln haben sich zurückgebildet und ihr Gift reicht nur für ihre Hauptnahrungsquelle, kleine Ruderflußkrebse. Und weiter geht es danach zum nächsten Naturwunder, von den Einheimischen „The Milky Way “ genannt, eine Bucht, die nicht am Grund aus Sand oder Fels besteht, sondern aus Kalksteinschlamm. Man taucht hinunter und reibt sich den ganzen Körper mit dem kreidehaltigem Schlamm ein, legt sich zum Trocknen in die Sonne und wartet auf die versprochene Verjüngung der Haut, die allerdings lange auf sich warten läßt
Am nächstem Morgen sitzen wir dann in einem Boot und fahren in etwas mehr als einer halben Stunde bei Flut nach Ngellil. Bei Ebbe hätte es fast zwei Stunden gedauert.
Wir laufen in eine kleine Bucht ein und waten durch das flache Wasser an Land in ein wildes Paradies. Der Besitzer der Insel und sein Koch begrüßen uns höflich und wir beziehen unser Zimmer mit Blick aufs Meer und zur anderen Seite auf die tropische Vegetation des Regenwaldes. Alles ist aus natürlichen lokalen Materialien, dies ist das Prinzip der Anlage. Erst da erfahren wir, dass wir die einzigen Gäste für die ganze Zeit unseres Aufenthaltes sind. Nur einmal kommt ein Boot mit einem Brautpaar für romantische Hochzeitsfotos kurz hierhin.
Wir schwimmen in der kleinen Bucht, bewundern blaue Seesterne, dösen unter Palmen in Hängematten. erkunden die nähere Umgebung. Gegen Abend hören wir Flötenklänge, ein Ritual, das sich jeden Abend wiederholt. Saburo Ishige spielt Flöte und danach ist es Zeit für das Abendessen. Ein Feuer lodert und das Essen wird uns auf Bananenblättern serviert. Alles ist frisch aus dem Meer, die Beilagen auf der Insel angepflanzt oder im Regenwald geerntet. Daneben viele kleine Leckerbissen und Gemüse, deren einheimische Namen wir uns aber nicht merken können. Am nächsten Tag wandern wir mit Saburo Ishige in den Dschungel zu einem besonderen Baum, den Power Baum, aus dem er persönlich seine Kraft bezieht, indem er ihn für einen kurzen meditativen Moment fest umarmt. Danach zeigt und erntet er Pflanzen und Obst, die für uns in den nächsten Tagen zubereitet werden. Immer auf einem offenen Feuer in dunkler tropischen Nacht unter einem traumhaften Sternenhimmel. Dazu das Knistern der Flammen und die nächtlichen Geräusche des Dschungels. Über uns umkreisen die Satelliten und die Raumstation die Erde. So verbringen wir die Abende zu Viert.
Und noch einmal geht es am nächsten Tag in den Dschungel zu einer weiteren Sehenswürdigkeit. Die Insel hat auch den Beinamen Stonemoney Island. Wir wandern durch den Dschungel, und dann, in einer Lichtung sehen wir den riesigen Stein mit einem Loch in der Mitte: das berühmte Steingeld dieser Region.
Hier wurde es produziert und dann übers Meer auf abenteuerlichen Fahrten nach Yap gebracht, eine der Inseln Mikronesiens – 452 km Luftlinie entfernt. Bis heute kann man sie dort sehen, und sie haben immer noch ihren Wert als Zahlungsmittel. Entscheidend für den Wert ist aber nicht die Größe, sondern es sind die zu überwindenden Gefahren beim Transport über das Meer mit Kajaks. Hier stehen wir vor einem zurückgebliebenen Stone money.
Viel zu schnell vergeht die Zeit. Bevor wir auf die Hauptinsel zum Rückflug kommen, erleben wir die einmalig schöne Unterwasserwelt. Wir tauchen in dieses Farbenspiel der Korallen und Fische ein – zuerst an einem Riff mit blauen Korallen. Ein zweiter Stopp am Beginn eines Channels. Wir gleiten mit der Strömung bis fast zum Ende des Kanals, wo unser Boot auf uns wartet. Es ist nicht einfach, dann aus der Strömung seitwärts hinauszuschwimmen. Palau ist ein unvergleichliches Unterwasserparadies, erstes Haischutzgebiet der Welt und seit 1992 auf der World Heritage Liste mit den Rock Islands Southern Lagoon. Einen Teil davon so intensiv zu erleben bleibt unvergesslich. Schwerer konnte uns der Abschied nicht gemacht werden als mit dem Eintauchen und Treibenlassen in dieser Korallenwunderwelt mit Meerestieren in allen Farben und Formen.
(Fotos B.Mielke und Touristen Information Palau)