Antarktis 2

Im Südpolarmeer

Sonne, ruhige See und die Szenerie der Antarktis, die trotz gleichbleibender Motive ihren Reiz nicht verliert, haben die Stimmung an Bord nach dem Sturm bei Kap Hoorn verbessert. Dem Kapitän, den die Natur zu ständig neuen Entscheidungen zwingt, gelingt es, die aufkommende Enttäuschung über zwei verpasste Anlandungen sofort zu zerstreuen durch die Ankündigung, dass wir auf eine Insel kommen werden, die vorher noch von keinem Kreuzfahrtschiff erreicht wurde.

Dies ist der Beginn vieler schöner und oft aufregender Erlebnisse, aus deren Vielfalt auf unserem Weg durch das Südpolarmeer nur einige der Highlights hervorgehoben werden können.

Wir erleben endlich unseren ersten, sehnsüchtig erwarteten Landgang mit dem exakten Ablauf der Ausbootung in die Zodiacs nur mit Chipkarte , die versehentliches Zurücklassen von Passagieren verhindert, was deren sicheren Tod bedeuten würde. Auf Brown Bluff betreten wir erstmals Land in der Antarktis und stehen sofort inmitten ihrer Tierwelt, die wir bisher nur vom Boot aus bewundern konnten. Bärenrobben, Weddelrobben , Pinguine und Seeelefanten liegen herum und lassen sich nicht von uns stören. Nicht weit entfernt auf Paulet Island sehen wir in einer riesigen Kraterlandschaft Abertausende Adele Pinguine .

Lautes, aggressives Vogelgekreische und wildes Flügelschlagen wie bei Hitchcock zerreißt die Stille auf Deception Island. Skuars sind aufgestiegen und greifen einen Passagier an, der trotz aller Warnungen sich diesen brütenden Vögeln zu sehr genähert hatte. Deren Angriffen können tödlich enden: der Passagier entkommt ihnen nur knapp.

Die Hanseatic ist durch eine enge Durchfahrt in die Caldera von Deception Island eingefahren und hat vor der Walfischbay geankert. Hier waren früher mehrere Stationen der Walfischfänger, und die Knochenreste der erbeuteten Wale liegen am Strand verstreut. Da diese Caldera vom Meer und vom Inneren der Insel aus nicht zu sehen ist, erhielt sie ihren Namen. In der Uferzone dieser geschützten Bucht steigt Dampf auf. Er kommt vom heißem Wasser des Vulkans, der jederzeit wieder ausbrechen kann. Deshalb ist der Berg der benachbarten Telefon Bay übersät mit Seismographen und anderen Messgeräten als Frühwarnstation. Nach der Besteigung des Vulkans reicht die Zeit noch für ein angenehmes warmes Fußbad am Strand vor der Rückkehr aufs Schiff.

Weiter geht es in südlicher Richtung zur nächsten Insel. Ein unglaublicher Gestank umfängt uns dort. In schneller Folge sind die Zodiacs in Cuverville Island angelandet, und wir stehen mitten in einer riesigen Eselspinguin Kolonie und beobachten das hochaktive Treiben dieser Pinguine. Sie haben in der Regel zwei Junge, und es scheint ein Wunder, dass sie diese nach der Futtersuche im Meer in diesem Gewimmel wiederfinden. Aber nicht alle Jungen werden überleben. In der Bucht jagen die Seeleoparden. Jeder von ihnen frisst bis zu 26 Pinguine am Tag, und über ihnen kreisen Skuas, die größten Räuber in der Luft. Kehren die Eltern nicht zurück, sind die Jungen verloren.

Nach diesem Erlebnis endet unser Tag friedlich mit einem Barbecue an Deck. Dabei genießen wir in der Abendsonne die Durchfahrt durch den Errera Channel mit Gletschern auf beiden Seiten, floatenden Eisbergen, vorausschwimmenden Walen, Eisschollen mit Pinguinen, Robben, Walrossen und Seeleoparden. Die Fahrt endet für heute, als wir in der Paradise Bay in der Nähe der argentinischen Station Almirante Brown vor Anker gehen. Ein wunderbarer Moment in einer Umgebung, in der alles zusammenkommt, was man sich nur wünschen kann.

Am nächsten Tag machen wir dann gerade dort die Erfahrung der Unberechenbarkeit der Natur, erleben, wie sich ein Paradies in kürzester Zeit in einen gefährlichen Sturm verändern kann. Lautes Tuten von der Hanseatic fordert uns auf, sofort an Bord zurückzukehren. Unverständnis zeigt sich auf allen Gesichtern und wir haben keine Ahnung, was passiert ist und was das zu bedeuten hat. Ein wolkenloser, tief blauer Himmel, eine einmalige Kulisse, fast schon ölig glatte See, in der sich die Gletscher und Eisberge spiegeln. Eine Idylle, die sich in kürzester Zeit in ein tobendes Meer verwandeln sollte.

Mit dem ersten Zodiac wurde ich am Morgen zu der argentinischen Station Almirante Brown zur Paradise Bay gefahren, begleitet von dem lauten Krachen und Knacken der kalbenden Gletscher. Wir fahren mit Respekt und mit Abstand durch das Eisschollenwasser. Man weiß nie, was und wieviel plötzlich vom Gletscher abbricht, oder dass sich ein Eisberg im Wasser plötzlich total umdreht. Ein besonderes Erlebnis ist die Begegnung mit einem jungen Seeleoparden, der sich unserem Zodiac nähert und neben uns auftaucht. Unser Bootsführer hat bemerkt, dass das Tier nicht hungrig ist und keine Gefahr besteht, dass er die Luftkammern des Zodiacs zerbeißt. DerSeeleopard begleitet uns lange, bis er dann abdreht, um zwei ältere Seeleoparden auf einer Eisscholle zu ärgern.

Das Signal der Hanseatic ertönt, als wir in dem damals südlichsten Postamt der Welt bereits mit heutigem Datum gestempelte Postkarten kaufen und die zweite Gruppe gerade in die Bucht ausgelaufen ist. Mit dem ersten Zodiac kehre ich an Bord zurück und der Kapitän erklärt uns, was passiert ist. In dieser Gegend gibt es die gefährlichen Fallwinde. Er beobachtet die Berge, und wenn die ersten Wolken am Bergrand erscheinen, kommt Sturm auf. Obwohl das Schiff nur 1,5 Seemeilen entfernt ist, wird es knapp für die letzten Boote. Die letzten Passagiere werden mit angstverzerrten Gesichtern, immer wenn das Boot zur Anlandebrücke zurückpendelt, einzeln von vier Männern ins Schiff gezogen. Eine Meisterleistung der Zodiacfahrer und der Mannschaft, alle unverletzt und ohne Verluste an Bord zu bekommen

Am Abend erfahren wir noch, dass diese Station 1984 völlig ausbrannte, nachdem der Stationsarzt sie aus Verzweiflung angezündet hatte. Er hatte sich für ein Jahr verpflichtet, wurde aber danach nicht abgeholt, weil kein anderer Arzt zur Verfügung stand. Als dasselbe sich wiederholte und er die dritte Überwinterung im Polarwinter vor Augen hatte, legte er Feuer, um seine Rückkehr zu erzwingen. Dem mutigen Einsatz der Besatzung der Palmerstation in der Nähe ist die Rettung der gesamten Besatzung zu danken.

Jeden Tag gibt es neue Überraschungen, diesmal die Ankündigung des Kapitäns, zu versuchen, über den bisher von Kreuzfahrtschiffen erreichten südlichsten Punkt des Südpolarkreises zu fahren und somit einen neuen Rekord aufzustellen. Wir überqueren den Südpolarkreis ( 66°30′ Süd ) am 24. Februar um 16:10 Antarktiszeit (20:10 MEZ). Die Spannung steigt, als wir langsam durch dichtes Packeis weit über den Südpolarkreis hinausfahren und den neuen Rekord aufstellen. Der mit Champagner unterlegte Jubel ist groß und die Vorfreude auf die nächsten Erlebnisse steigt.

Bei weiteren Stationen überrascht uns immer wieder die Fauna der Antarktis in ihrer unterschiedlichen Ausprägung. Neben den Skuas, Sturmvögeln und Albatrossen sehen wir auch große Kolonien von Blauaugenkormoranen an den Berghängen – Robben und Seeleoparden, Walrosse und Seebären sowie die Vielfalt der Pinguine zu Wasser und zu Land.

Richtig interessant wird es dann noch einmal, als wir am Kai der Rothera Station anlegen.

Unser Expeditionsleiter, David Fletcher, hat diese britische Antarktis- Forschungsstation mit aufgebaut und später alle britischen Stationen der Antarktis koordiniert. Nur deswegen erhielten wir hier die Erlaubnis zum Besuch und wurden herzlich begrüßt. Doch auch etwas Trauer und Bedrückung ist bei der Mannschaft zu spüren. Erst vor kurzem ist eine Wissenschaftlerin beim Tauchen bei der Suche nach Gründen für die Klimaerwärmung von einem Seeleoparden getötet worden.

Am Rande vermerkt erzählte David uns, dass er in der ersten britischen Station Port Lockroy von 1944 kurz nach der Ankunft mit einer kleinen Gruppe und völlig auf auf sich allein gestellt, den entzündeten Blinddarm eines Crewmitgliedes im Funkkontakt mit Ärzten auf den Falkland Inseln erfolgreich operierte. Seitdem gilt für alle, die in der Antarktis überwintern müssen, sich vorher den Blinddarm entfernen zu lassen. David Fletcher ist inzwischen hoch dekoriert, zum Lord erhoben und ein Berg in der Antarktis wurde nach ihm benannt: Fletcher Bluff. Es ist toll, ihn als Expeditionsleiter an Bord zu haben.

Inzwischen ist die Rothera Station sehr groß geworden und man zeigt uns die gesamte Einrichtung und auch den komfortablen Gemeinschaftsraum, der besonders für diejenigen wichtig ist, die demnächst den extremen Polarwinter überstehen müssen. Mit unserer Abfahrt am 5. März werden einige Stationsmitglieder mit uns zurückfahren bis auf eine Crew von circa 20 Personen, die vor Ort überwintert, um die Station am Laufen zu halten. Einer unserer Führer durch die Station erzählt uns dann, dass es für ihn ein besonderes Erlebnis sein wird, Neujahr am Südpol zu verbringen. Leider müssen wir relativ schnell ablegen, da sich ein großer Eisberg nähert und die Ausfahrt aus dem kleinen Hafen zu verhindern droht.

Mit diese Ausfahrt beginnt langsam auch die Rückfahrt.

Am nächsten Morgen landen wir noch auf Detaille Island, einer ehemals Britischen Station, die aussieht, als ob man sie fluchtartig verlassen hat. Alles wurde da gelassen – Vorräte für fünf Jahre, eine große Bibliothek, antiquarische Schmuckstücke neben alten Witzheften, Pinups und Tierbüchern. Ein interessanter Einblick in die frühen Stationen im Vergleich zur modernen Rothera Forschungsstation.

Eine große Kolonie Eselspinguine macht sich hier breit. Sie sind die streitbarsten Pinguine, die sich untereinander um jeden Zentimeter Platz fetzen und in der Kolonie ist immer Zoff. Die Tiere befinden sich bei unserer Ankunft in großer Aufregung. Sie betrachten uns Menschen als Pinguine. Immer wieder kommen sie balzend auf uns zu und legen uns kleine Steine, die hier nicht leicht zu finden sind, vor die Füße. Diese Steine werden bei den arktischen Temperaturen als Unterlage für die Eier gebraucht, damit sie nicht am Boden fest frieren.

Und dann wird als Letztes der Stopp erfolgen, den wir wegen des Sturmes auf der Hinfahrt ausfallen lassen mussten

Prospect Point, „Wenn man diesen Ort besucht, gehört man zu den wenigen Menschen, die überhaupt jemals hier waren“ steht in der Bordzeitung. Es wird neben Paradise Bay die schönste Bucht, die wir gesehen haben. Die Bucht der gefangenen Eisberge ist voller Eisschollen und kleiner Eisberge. Erst sieht es so aus, dass wir deswegen nicht anlanden können. Doch dann findet der Vortrupp der Scouts eine Passage. Wir werden langsam auf mäandernden Fährten durch das Packeis gelotst.

Die Tiere dort sind Besuch nicht gewöhnt und entfernen sich bei unsere Ankunft. Wir müssen bergauf durch tiefen Schnee bis wir auf einer Schneeplatte mit wunderbarer Aussicht stehen. Vor uns Adele Pinguine, deren Neugier sie zu uns zurückbringt, dann Bärenrobben, im Meer jagende Seeleoparden und – hinter Eisbergen – die Hanseatic. Das vorübergehende Gefühl, nach zwei Wochen alles gesehen zu haben, wird aufgehoben durch die unvergleichliche Schönheit dieser Insel und dem folgenden Abenteuer der Rückfahrt. Die Sonne kommt durch und lässt das Eiswasser schillern. Im Rücken ein hoher Berggipfel, weiter entfernt hinter Eisbergen unser Schiff. Traumhaft schön!

Auch die Pinguine bewegen sich hier anders. Sie rutschen auf dem Bauch um sich fortzubewegen, ein lustiges Schauspiel. Wir können leider nicht lange bleiben und werden an Bord zurückgerufen, da die Bucht sehr schnell zufriert. Wie schnell das geht, habe ich nicht für möglich gehalten. Ich bin in einem der letzten zwei Boote. Der Treibeisgürtel zieht sich zusammen und wir brauchen sehr lange, um einen Weg zurück zu finden. Immer wieder muss der Motor hochgezogen werden, um Eisschollen wegzutreten. Zwischendurch sah es so aus, als ob wir es nicht schaffen würden und vom Schiff aus etwas hätte geschehen müssen. Für diesen Fall hatte unser Scout mit einer Flasche hochprozentiger Flüssigkeit zum Aufwärmen vorgesorgt. Durchgefroren erreichen wir das Schiff. Vor dem Ablegen sagt der Kapitän per Durchsage, dass die Situation für die letzten Boote „abenteuerlich“ gewesen sei.

Danach verlassen wir die Antarktis mit einem letzten Höhepunkt. Unser Kapitän versucht durch den wegen seiner Schönheit berühmten Lemaire Kanal (13 km lang und nur 520 Meter breit) in Richtung Drake Passage zu fahren. Mehrere Jahre hintereinander mussten diese Versuche abgebrochen werden, weil kein Durchkommen war. Ich stehe mit auf der Brücke, es herrscht eine ruhige konzentrierte Atmosphäre. Kommandos werden leise gegeben. Mit vier Leuten wird das Schiff langsam um die Eisberge herum durch das Packeis manövriert. Gefährlich sind nur die größeren Schollen, bei denen man nicht weiß, was unten dranhängt. Ein lautes Krachen zeigt ab und zu an an, dass wir unter Wasser mit dem Bug an den Unterbau einer solchen Eisscholle geraten sind. An beiden Seiten der engen Durchfahrt begleiten uns hell strahlende Gletscher in der gleißenden Sonne. Dann taucht vor uns die enge Öffnung des Channels auf und wir sind durch. Bevor wir dann ins freie Wasser kommen, müssen wir noch durch eine breite Eisbarriere durch, die sich vor dem Ausgang aufgetürmt hat. Jetzt geht es zurück zur Drake Passage. Orcas und kleinere Wale begleiten uns auf diesem Weg und später kommen die großen Humpbacks hinzu.

Jetzt heißt es Abschied nehmen. Wir verlassen Antarctica und fahren diesmal bei ruhiger See durch die Drake Passage. Und plötzlich riecht es „grün“, zum ersten mal nach 14 Tagen. Wir atmen tief ein und sind zurück in der Welt mit Vegetation, die am Ufer beginnt. Bei guter Sicht fahren wir am Kap Hoorn vorbei und können diesen berühmten Platz der Welt von Bord aus sehen. Eine Anlandung ist nicht mehr möglich, da Kap Hoorn nun chilenisches militärisches Sperrgebiet ist.

Der letzte Abend an Bord beginnt mit einem farbigen Sonnenuntergang als Hintergrund zum Captains Dinner und Abschied von der Crew, die für uns Shantys singt. Welch ein Unterschied zu dem Sturm am Kap Hoorn auf unserer Hinfahrt. Der Lotse kommt am nächsten Morgen an Bord und bringt uns sicher nach Ushuaia.

Die Antarktis Essays sind Kapitän Ulf Wolter und dem Expeditionsleiter David Fletcher mit ihrem Team und der Crew gewidmet. Sie haben durch ihren von Verantwortung getragenen Mut, ihr Wissen un ihre Erfahrung diese Reise zu einem außergewöhnlichen Erlebnis gemacht(

c) Dr.Burkhard Mielke. All rights reserved.

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Antarktis 1 – Sturm bei Kap Hoorn

Auf dem Weg in die Antarktis mit der Hanseatic Nature

im März 2009

Das Tangoviertel in Buenos Aires lässt die lange Anreise von Frankfurt über Madrid nach Buenos Aires schnell vergessen.

Dort zu flanieren, das Leben zu genießen und dabei die eigenen Bemühungen mehr oder weniger erfolgreich Tango zu erlernen Revue passieren zu lassen, danach noch das spektakuläres Erlebnis eines dreitägigen Kurztrips zu den gewaltigen Iguacu- Fällen auf argentinischer und brasilianischer Seite mit Flug über den Amazonas Urwald – zwei schöne Zwischenstopps für eine Reise in die Antarktis, die dann mit einem Flug entlang der argentinischen Küste nach Ushuaia beginnt.

Ushuaia, Port of Call für Antarktis Expeditionen und Hauptstadt Feuerlands ist die südlichste Stadt der Welt mit dem Beinamen „El fin del Mundo – das Ende der Welt“

Der südliche Ort der Welt aber ist die kleine chilenische Gemeinde Puerto Williams auf der der Insel Navarino (54 Grad südlicher Breite) mit ca.2300 Einwohnern gegenüber 75000 in Ushuaia. Argentinien betrachtet Puerto Williams nicht als Stadt sondern als Dorf (Pueblo). Konkurrenz belebt den Tourismus.

Ein lang gehegter Traum wird jetzt endlich mit der Unabhängigkeit von Schulferien wahr, zur besten Reisezeit, die im Südsommer vom Jahreswechsel bis Mitte März reicht. Die Wassertemperaturen sind dann rund um den Gefrierpunkt, anstatt bei minus 55 Grad im sonstigen Jahresmittel, Die Pinguine und andere Tiere nutzen diese Zeit für Geburt und Aufzucht des Nachwuchses.

Schon direkt nach der Landung auf dem Aeropuerto International de Ushuaia Malvinas sehen wir von weitem die rot-weiße Hanseatic im Hafen liegen, wo wir kurz darauf von der Crew mit Sekt beim Einschiffen empfangen werden.

Die Hanseatic ist ein „kleines“ Kreuzfahrtschiff der Expeditionsklasse und hat nur 120 Kabinen und 18 Suiten.  Im Gegensatz zu den großen amerikanischen Schiffen ein entscheidender Vorteil. Vor Ort sind so täglich zwei Anlandungen möglich, die in der Regel mit Zodiacsgemacht werden (robuste für Anlandungen geeignete Schlauchboote). Das können die großen Schiffe mit bis zu 1000 Passagieren nicht leisten. 

Wir sind an Bord und haben gerade Ushuaia verlassen. Weiter geht es durch den Beagle Kanal an der Abzweigung nach Kap Hoorn vorbei in die Drake Passage.  Erst jetzt sind wir auf offener See. Das Meer ist ruhig. Es ist ein sonniger Tag in Ushuaia, und die Vorhersage für die Drake Passage ist gut. Die gefürchteten Stürme am Kap Hoorn, bekannt aus den Büchern meiner Jugendzeit, bleiben wohl aus. Wir brauchen noch den ganzen Tag, um durch die Drake Passage zu kommen, an deren Ende der Atlantische und der Pazifische Ozean aufeinandertreffen. Doch dann ändert sich die Situation schlagartig. Ein Tief baut sich auf, und das Barometer fällt kontinuierlich. Erst heißt es, dass wir erst heute Nacht auf das Tief treffen, doch dann kommt alles viel schneller. Ich sitze mit dem Bordpianisten munter plaudernd in der Sauna, und allmählich nimmt die Schiffsbewegung zu. Wir rutschen auf der Bank von einer Seite auf die andere. Ein Blick nach draußen auf den leerschwappenden Pool zeigt uns, dass es Zeit ist unter Deck zu gehen. Heftige Böen zwingen uns gebückt am Geländer entlang die Flucht anzutreten. Der Pianist jammert, dass die Musiker immer die schlechtesten Kabinen im Bug des Schiffes bekommen, wo der Seegang am stärksten zu spüren ist. An Bord wird es ruhig, alle ziehen sich in ihre Kabinen zurück, als der Wind noch stärker wird, begleitet von heftigstem Regen.

Eine neue Durchsage des Kapitäns sagt, dass das Barometer nicht mehr aufzeichnet. Wer dieses relativ seltene Ereignis sehen möchte, ist eingeladen auf die Brücke zu kommen. Ich hangele mich am Geländer hoch zur Brücke und erlebe dort, wie unser Schiff mit dem Bug immer wieder tief eintaucht und dann von riesigen Wassermassen überspült wird. Es ist jedes Mal ein gleichzeitig faszinierender und atemberaubender Moment, in dem einem kurz die Luft wegbleibt, wenn die Wassermassen über das Schiff rollen, bevor es wieder in die Tiefe der riesigen Wellentäler versinkt. Im gleichen Rhythmus geschieht dies nun stundenlang. Für einen Augenblick ist es beruhigend, wenn unser Schiff für einen kurzen Moment sich waagerecht stabilisiert.

Blick von der Brücke

Trotz höchster Konzentration am Ruder erzählt der Kapitän so nebenbei, dass bei einer früheren Expedition eine riesige unerwartete Seitenwelle die Brücke zum Teil beschädigt hatte und es hart für ihn gewesen sei, in dieser Situation am Steuer zu bleiben, wodurch sich mein zwischen „außergewöhnliches Erlebnis“ und „Gefahr“ schwankendes Empfinden etwas in Richtung Sorge verschiebt. Die Dualität unserer Existenz wird in diesen Momenten deutlich und zeigt uns, wie klein der Mensch gegenüber der Kraft und Gewalt der Natur ist, und wie er immer wieder Wege findet, sich in dieser Natur auch in Extremsituationen zu bewegen. Ein relativ kleines Schiff gegen einen gewaltigen Sturm, vom Kapitän hindurch manövriert mit Wissen, Können und viel Erfahrung. 

Es ist jetzt Windstärke 9-10 mit Spitzenböen von 12 Windstärken und 8-10 Meter hohen Wellen, mit steigender Tendenz. Zwischen zwei Inseln und auf diese Weise von zwei Seiten gesichert, hat die Hanseatic Schutz vor dem Sturm gesucht. Als wir danach das Zentrum des Tiefs erreichen, ändert sich die Windstärke zwar nicht, aber jetzt kommt der Wind von achtern, was alles angenehmer und ungefährlicher macht. 

Noch den Abend und die ganze Nacht hält der Sturm an, bis wir endlich in allerdings immer noch stark bewegter See weiter fahren können in Richtung unseres Zieles der Antarktischen Halbinsel. 

Am nächsten Morgen sind kaum Passagiere zu sehen, die Seekrankheit hat voll zugeschlagen und auch das Küchenpersonal erfasst. Ein Koch kommt, immer eine Hand an der Reling und bringt ein paar Brote als Frühstück auf die Brücke und zu den wenigen „Überlebenden“ in den Speisesaal. Einige der Passagiere tauchen erst nach 3 Tagen wieder auf. Das Programm und die Route werden geändert, die ersten beiden Anlandungen fallen aus und werden für die Rückfahrt eingeplant,

Ein tolles Erlebnis, wenn es gut geht und man nicht seekrank wurde. 

Eine neue alarmierende Meldung bedroht jetzt aber erneut unsere Fahrt. Ein großes amerikanisches Kreuzfahrtschiff ist in dem Sturm zweimal gegen die Felsen gedrückt worden. Als einziges Schiff in der Nähe hätten wir dort zur Rettung hingemusst. Aber SOS bleibt aus, das Schiff ist aus eigener Kraft freigekommen und nicht zu stark beschädigt worden.

Erst jetzt kommt man zur Ruhe und beginnt das zu entdecken, was uns umgibt: Ein Schiff mit komfortablem Ambiente mit Pool und Sauna, einem Panoramasaal mit Ausblick und voller anlassbezogener Literatur. Ein kulinarischer Höhepunkt folgt dem anderen und dazu ein Service, dessen Personal den Wunsch nach einem Drink schon erkennt, bevor man ihn ausgesprochen hat. Zu alledem ein tägliches Angebot an Filmen und Fachvorträgen – live oder in der Kabine zu genießen.

Das Meer hat sich beruhigt, und wir gleiten die nächsten Tage an einer Szenerie von vielen unterschiedlich geformten, teils hellblauen kleineren und den riesigen, hunderte Meter langen weißen Tafeleisbergen vorbei. Herrliche Sonnenauf- und -untergänge wechseln mit grauen, windigen Tagen. Große Albatrosse und andere Vögel begleiten uns, Seehunde und Walrosse liegen auf den vorbeitreibenden Eisbergen.

Eine innere Ruhe und Gelassenheit tritt ein. Es tut den Augen und der Seele gut, mit Blick auf das weite Meer, die Stille und Gemütlichkeit im Liegestuhl an Deck zu genießen und die Welt der Antarktis vorüber ziehen zu lassen.

Bewegung an Bord kommt nur auf, wenn Delphinschwärme oder Wale vom Kapitän an Back- oder Steuerbord angekündigt werden. So erleben wir einen riesigen Schwarm Pinguine, der unser Schiff lange begleitet und dann die Jagd der Wale. Strategisch organisiert und miteinander kommunizierend umzingeln Orcas eine Gruppe kleinerer Minkwale. Es gibt kein Entrinnen aus diesem bewegten Kessel, der die Beute bis zur Erschöpfung jagt. Die Hanseatic stoppt, und wir können dieses besondere Naturschauspiel ganz in unserer Nähe beobachten.  Auch die Mannschaft kommt an Deck; sie hatte trotz vieler Fahrten dis auch noch nicht erlebt.

Der Sturm ist vergessen, und nur sehr weit hinten in den Gedanken versteckt sich die Sorge vor einem weiteren Sturm bei Kap Hrn auf der Rückfahrt.

Widmung

Die Antarktis Essays sind Kapitän Ulf Wolter und dem Expeditionsleiter David Fletcher mit ihrem Team und der Crew gewidmet. Sie haben durch ihren von Verantwortung getragenen Mut, ihr Wissen un ihre Erfahrung diese Reise zu einem außergewöhnlichen Erlebnis gemacht.

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Vietnam in Trippstadt . Wie der Kaffee aus Vietnam in die Pfalz kam

Träume der Menschen erwachsen aus Erzählungen und Geschichten von jenseits der eigenen Welt. Von Asien, Ozeanien und den Amerikas mit all den wunderbaren Schätzen dieser Länder, von wo auch immer durch die Entdecker und Seefahrer die Kunde an europäische Ohren kam, um dann von den sagenumwobenen Genüssen und Gerüchen zu erfahren : Gewürze, Kräuter, exotische Früchte in leuchtenden Farben. Und der Wunsch entstand, dass dies auch das Leben der Menschen in Europa bereichern sollte. Zuerst in den Palästen der Könige und Fürsten bis heute für fast jedermann. Die Schätze kamen mit Karawanen oder mit Schiffen zu uns auf speziellen Routen und Wegen, wie z.B. die Viae Salariae, die Seidenstrasse und andere. Zucker, Zimt, Safran, exotische Gewürze wie Chili und andere tauchten auf einmal in Europa auf. Kaffee ud Tee eroberten die Welt und sind heute nicht mehr wegzudenken. Überschattet ist dies alles von Versklavung und Ausbeutung unzähliger Menschen in den Kolonien Europas. Dem Anspruch der Kolonialmächte, dass ihnen alles zustehe, was sie begehren, wurde allerdings beim Kaffee Widerstand entgegengesetzt. Das Ursprungsland des Kaffees, Jemen, verbot bei Todesstrafe die Ausfuhr von Kaffeepflanzen und Samen. Trotzdem gelang es den Niederlanden, Kaffeesetzlinge und Samen zu stehlen und dann in ihren Kolonien wie Java und Sumatra anzubauen.

Auf vielen Reisen begegnete ich immer wieder den ursprünglichen Anbaugebieten in Mittel-und Südamerika, Afrika und dem Vorderen Orient.

Aber erst vor kurzem erschloss mir eine Reise in Deutschland überraschend eine weitere, mir bisher unbekannte Anbaugeschichte. Durch Corona dauerte es eine Weile, bevor es überhaupt wieder möglich war auch innerhalb Deutschlands zu reisen, und diese Reise führte ins Elsass und in die Pfalz. Nach einer längeren Tour durch Nationalparks und Biosphärenreservate mit vielen heimisch – kulinarischen wie auch historischen Höhepunkten, folgte ein letzter Stopp im Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen, um dort in der Karlstalschlucht zu wandern. Wir fanden mitten in der idyllischen Landschaft nahe bei Trippstadt ein Apartment.

Dort angekommen, übergab uns eine freundliche Vietnamesin die Schlüssel, und nebenbei registrierte ich ein kleines Schild Kaffeerösterei an der Hauswand, ohne dem irgendeine Bedeutung zuzumessen.

Schnell erhielten wir Kaffeepulver und gleich noch Kuchen dazu mit der Einladung nach dem Frühstück wieder zurück zu kommen.

Am nächsten Morgen, einem Sonntag, freuten wir uns über die gut ausgestattete Küche im Apartment, bis wir für die Kaffeemaschine keinen Kaffee fanden. Da kehrte die Erinnerung zurück, ich ging runter, klopfte bei den Vermietern und wurde fröhlich begrüßt in einem Raum voller Kaffeeangebote. Schnell erhielten wir Kaffeepulver und gleich noch Kuchen dazu mit der Einladung nach dem Frühstück wieder zurück zu komme

Und dann die große Überraschung. Eine Rösterei mit ausschließlich vietnamesischem Kaffee aus dem Zentrum Vietnams, meiner bisherigen Kenntnis nach einem ganz untypisches Anbaugebiet. Und die Frage „Wie kommt der Kaffee nach Vietnam und dann nach Trippstadt?“ tauchte auf.


Nach einer Führung durch die Rösterei ergaben sich erste Antworten.
Es begann mit wissenschaftlicher Arbeit in einem ökologisch orientierten Reisanbauprojekt in Hanoi, wo Dr. Jürgen Ott – Geschäftsführer eines Umweltplanungsbüros aus der Pfalz – und Nga Do, Master in Politik und Management der Universität Hanoi als Assistentin des vietnamesischen Projektleiters sich kennenlernten.. Doch das allein würde nicht erklären, wie es dazu kam, dass sie jetzt in Trippstadt zusammenleben und gemeinsam ihre Vision von Nachhaltigkeit und Biodiversität leben und wahrmachen. Da muss ein Funke übergesprungen sein zwischen den Beiden, die jeder für sich dorthin gegangen waren, um sich mit anderen sachkundig Forschenden aus aller Welt auszutauschen. Zu dem Austausch fügte sich das persönliche Interesse und schließlich nach mehreren Projekttreffen in Folge die liebevolle Entscheidung des gemeinsamen Lebensweges

Indochina war seit dem 19. Jahrhundert französische Kolonie, bis zum bitteren Ende 1954 in der Schlacht von Dien Bien Phu. Auf eins wollten die französischen Kolonialherren jener Zeit auf keinen Fall verzichten, das war der Kaffee. Ein Expertenteam erkundete die Bedingungen für Kaffeeanbau und fand sie in den Bergen Indochinas und brachten den Kaffe so in den Norden Vietnams u.a.nach Sapa, VinPhuc und Bete Tre. Laos und Kambodscha wurden selbstständig, Vietnam in zwei Hälften geteilt. Der kalte Krieg unterbrach die Verbindungen zwischen dem Norden Vietnams mit dem Westen, und der Vietnam-Kaffee geriet vorübergehend in Vergessenheit.

Aber nicht in Ostberlin

Was den Kaffeegenuss in der DDR anging, gab es erhebliche Unterschiede. Menschen mit Westkontakten erhielten richtigen Kaffee von ihrer Westverwandtschaft, inzwischen allgemein bekannt geworden durch den sehenswerten Film „Der Duft des Westpaketes“. Und in der Tat dominierte in diesen Paketen der Kaffeeduft alle anderen Kostbarkeiten, selbst die Schokolade, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Der Rest der Bevölkerung musste sich mit Kaffeeersatz zufriedengeben, allerdings mit Ausnahme der Politprominenz. Dise versorgte sich gerne mit den edlen Genüssen des Westens wie z.B. richtigem Kaffee, und so nahmen sie die Kontakte zu den Kaffeegebieten in Vietnam auf, um sich den privilegierten Genuss zu sichern.

Und nun, Jahre nach der Wende, stehen wir in diesem kleinen Ort und erfahren, wie der vietnamesischen Kaffee aus dem ZentrumVietnams nach Trippstadt kam.

Nga hatte sich auf das Kaffeerösten spezialisiert und ist inzwischen nach diversen Kursen in Vietnam Meisterin in diesem Fach, gepaart mit ihrem und ihres Mannes Engagement im Produktionsmanagement als Leitlinie ihrer Firma, der Dragon Bean Roaster – Tripstadter Kaffeerösterei.

Diese Kenntnisse und die Wertschätzung der nachhaltigen Produktion machen den Unterschied bei Kaffee aus: Entscheidend ist nicht die Sorte allein, sondern die Qualität des Anbaus von der Ernte bis zur Trocknung und Rösterei – und da hat sich vieles gegenüber den traditionellen Verfahren verändert. Von ursprünglich Robusta wechselte man zu dem beliebteren Arabica, von der Massenernte zur Handverlesung, von Konzernen zu kleinen Farmen mit Microlots, von Chemie zu organischem Dünger ohne Pestizide – dies sind die Kriterien für Öko-Anbau und nachhaltigen Naturschutz.

vertical gardening

Entscheidend kommt dann noch das vertical gardening durch biodiversifizierten Anbau in vier Ebenen dazu. Über einem Teppich aus Blütenpflanzen stehen die Kaffeesträucher, darüber Bananenbäume und Pfefferpflanzen und zuletzt Avocado, Pomelo, Macademia oder Kassadenbäume. Dieses Verfahren verbessert das Wachstum, denn die Kaffeesträucher sind Halbschattengewächse, und die Staffelung bringt zusätzliche Ernten der Hochgewächse als ergänzendes, schnelles Einkommen für die Farmer. Der Kaffee hingegen braucht mehrere Jahre, bevor er den Farmern Gewinn einbringt. Letzte Beobachtung von vor Ort berichtet, dass diese vertikale Schichtung zu einer deutlichen Vermehrung vor allem von Insekten führt, was allen Pflanzen nutzt.

Zum Schluss noch etwas über den Unterschied der Geschmäcker. Cà Phê Sữa Đá ist  sehr starker Kaffee, tropfenweise durch einen Metallfilter in ein Glas mit süßer Kondensmilch getropft, mit oder ohne Eis, oder lieber vietnamesischer Eierkaffee mit Honig, Eigelben und gezuckerter Kondensmilch – Lieblingsgetränke in Vietnam

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Von fröhlicher Ignoranz zu einem Hauch von Orwell – Eine Reise nach Taiwan im Juni 2022

Boarding für Flug TK24 vom BER nach Istanbul als Hub- Flug für den Weiterflug nach Taiwan mit Turkish Airlines.

Trotz ständiger Lautsprecheransagen, das Tragen von Masken im Innenbereich des Flughafens sei obligatorisch, halten sich nur wenige an diese Regel,  während der ganzen Flughafenprozedur vom Einchecken über Pass- und Sicherheitskontrollen bis zum Boarden und im Flugzeug selbst. Niemand kümmert sich darum, auch einige Stewardessen verzichten auf die Maske in einem bis auf den letzten   Platz ausgebuchten Flugzeug.

Es wird eine lange Anreise mit viel Bürokratie, um in Taiwan einreisen zu können.

Es beginnt mit dem Visumsantrag, der in drei Tagen ungewöhnlich schnell von der taiwanischen Vertretung in Berlin erledigt wird. Als nächstes der PCR Test,

der längstens 72 Stunden vor Abreise mit dem Ergebnis in Englisch gemacht werden muss. Ein weiteres Dokument für die Unterbringung während der 7-tägigen Quarantäne in Taiwan muss ausgefüllt werden, eine nicht leicht ohne Fehler zu erledigende Aufgabe. Als letztes der Hinweis, dass man im Internet eine Regierungsadresse 48 Stunden vorher herunterladen muss, damit man vor Ort dann kontrolliert werden kann. 

All das ist vor dem Abflug nötig in der Hoffnung alles richtig gemacht zu haben und wirklich einreisen zu können. Die Sehnsucht die Familie nach fast 6 Monaten wiederzusehen, macht es leicht, diese Formalitäten inklusive der Quarantäne gut gestimmt abzuwickeln. Zumal einen Tag nach Ablauf der Quarantäne mein Enkelkind seinen ersten Geburtstag zusammen mit seinem OPA feiern kann.

Mit meiner FFP 3 Maske gut geschützt für diese Reise, sitze ich in einem Flieger nach Istanbul voller gut gelaunter maskenfreier Menschen, auf dem Weg in den Urlaub oder zur Familie. Abgesehen davon, ein ruhiger Flug mit exzellentem Service. 

Istanbul Airport – Das Eintauchen in einen palastartigen, supermodernen, riesigen Flughafen. Es ist Nacht und alles leuchtet, glänzt und glimmert, Viele Duty-free-Shops und die weltweit agierenden Geschäfte locken mit gestyltem Ambiente. Ein Erlebnis aber auch hier sorglose Unbekümmertheit, so als ob Covid nicht mehr existiere. 

Zwei Stunden später ändert sich auf dem gleichen Flughafen das Bild beim Warten in einem extra Raum für den Weiterflug nach Taipei bis zum Einsteigen. Hier wird Covid noch ernst genommen und zum Schutze der Reisenden gehandelt. Dokumente werden ausführlich geprüft, nur Einzelne ohne Maske und ein relativ sorgenfreier, angenehmer 11-stündiger Flug wieder mit sehr gutem Service.

Wie anders als in Istanbul ist der der Eindruck bei Ankunft im International Airport Taipei. Der Wille Covid nicht von außen einzuschleppen steht absolut im Vordergrund

Grelles, kaltes Licht empfängt mich im Ankunftsbereich, lange, hell erleuchtete Gänge mit aufgeklebten Fußsohlen für die weitere Richtung und durch den ganzen langen Weg immer wieder lautes Rufen  von Personal in Schutzkleidung mit Maske und Visier in Chinesische und Englisch mit Anweisungen für den Fortgang der fast zweistündigen Ankunftsprozedur.

In einer langen Reihe bewegt man sich vorwärts, bei Abbiegungen von weiterem Personal geführt, durch eine Fiebermessstation bis zu einem ersten Stopp.Es bedarf einer Erklärung, bis ich verstehe: hier muss ich meine Simkarte aus dem Handy nehmen und durch eine taiwanesische ersetzen. Hierdurch wird das Tracking meiner Bewegungen ermöglicht. In der Quarantäne darf man ja seinen Raum nicht verlassen. Zuwiderhandlungen werden so erfasst und schwer bestraft. Immer wieder wird desinfiziert.  

Nächster Stopp ist der Geldwechsel, um das Quarantänetaxi später bezahlen zu können. Daran schließt sich normaler Flughafenbetrieb an: Koffer abholen, durch Passkontrolle und Zoll. Und wenn man glaubt, das wars, wird man aus dem Flughafen geleitet in einen weiteren Ablauf zum Spucktest. Auch hier kann man immer noch nicht die Maske ablegen, denn selbst im Freien muss in Taiwan immer die Maske getragen werden.  Dieser Spucktest ist allerdings eine Erleichterung gegenüber den Regelungen noch vor kurzer Zeit. Da mussten alle einen PCR Test machen, dort auf das Ergebnis warten und „Positive“ wurden sofort in ein Krankenhaus verbracht. Jetzt werden nur die „Positiven „am nächsten Tag kontaktiert. Weitere laute Rufe in beiden Sprachen bringen mich dann in die lange Warteschlange eines Taxistandes, wo die Papiere für die Quantäneunterkünfte schon vorliegen. Diese Taxis fahren dich dann zu deiner Quarantäneadresse. Nach fast 24 Stunden Reisezeit endlich angekommen, alles richtig gemacht und Zeit zum Entspannen. Da kommt schon die erste SMS mit weiteren Verhaltensregelungen. Als Ausländer bekomme ich die Telefonnummer eines Officers in der Nähe zugeteilt, den ich jederzeit anrufen kann, wenn ich gesundheitliche oder sonstige Probleme habe.  Für Einheimische ist der jeweilige Bezirksbürgermeister zuständige – es ist eine umfassende Fürsorge. Jeden Morgen  für die nächsten 14 Tage, erreicht mich jetzt eine SMS, die ich beantworten muss: alles normal: drücken Sie die Eins, bei Symptomen, die auf Covid hindeuten, bitte die zwei drücken. Am nächsten Tag kommt dann noch ein Telefonanruf wodurch sichergestellt wird, dass ich im Raume bin. Für mich gibt es noch eine erfreuliche Regeländerung- ich muss nicht mehr in ein Quarantänehotel, (air bnb nicht erlaubt) sondern kann in eine unbewohnte Wohnung ziehen,  die meiner taiwanischen Familie gehört. Strapazen  vergessen. Der Besuch in Berlin Weihnachten und danach fast tägliche Zoom Meetings haben die Erinnerung wachgehalten und zu diesem freudigen Wiedersehen geführt. Von Balkon zu Balkon habe ich dann den ersten Blickkontakt zu Tochter, Schwiegersohn und Enkelkind. Das Strahlen auf dem Gesicht von meinem Enkelkind lässt alles vorher vergessen.

Am nächsten Tag wird verkündet, dass die Quarantänezeit von 7 auf 3 Tage verkürzt wird. Meine Freude darüber währt nicht lange. Fern jeder Logik gilt dies aber erst für Einreisende ab dem 15. Juni.

Diejenigen, die kurz vor dieser neuen Anordnung ankommen sind, gilt die 7-Tage Regel weiter. 

Nach 7 Tagen muss man dann einen Testbericht per SMS schicken und tritt ab Mitternacht in Phase zwei „practice self-health management“  der Quarantäne für eine weitere Woche ein“. Man darf ins Freie, aber noch nicht in geschlossene Räume wie Restaurants, Bars, Öffis etc.. Aber es wird keine weiteren Kontrollen geben, nur noch täglich elektronische Abfragen nach meinem Gesundheitszustand. 

Trotz aller Maßnahmen breitet sich Covid auf Taiwan weiter aus und

ist nun doch ein neuer Covid Hotspot. 

Letzter Covid Fall von gestern Abend: der Gesundheitsminister.

Allerdings sind hier inzwischen über 90 % der Menschen geimpft und die teils absurden aber gefährlichen Diskussionen in Deutschland gibt es hier nicht. Zurzeit werden die Regelungen mehr und mehr gelockert. 

Für mich kam gerade der Anruf meines Betreuers mit der Mitteilung, meine Quarantäne wäre jetzt um Mitternacht beendet.. Um genau 24.00 Uhr werde ich rausgehen, durch die Altstadt Taipeis laufen, um aus dem begrenzten Raum der Quarantäne in die Bewegung zurückzufinden.

Trotz des bürokratischen Aufwandes, der strengen Regeln und der strikten Quarantäne war alles immer in netter Form und vom Beginn der Quarantäne an hatte es eigentlich fürsorglichen Charakter mit hohem personellem Aufwand seitens der taiwanischen Behörden. Eine Betreuungsperson zu haben, die sich jeden Tag über Deinen Gesundheitszustand informiert und bei Problemen dann um die weitere Behandlung kümmert, ist vorbildlich.

Der von mir anfangs erwähnte Hauch von Orwell, den ich nach der Landung empfand, hat sich schnell relativieret. 

Auch hier zeigt sich der Unterschied zwischen dem demokratischen China und dem diktatorischem Festland-China. Dort lebt Orwell in perfekter Form als digitalisierte Orwell 2.0 Version in seiner ganzen Härte und Menschenverachtung auf. Nachzulesen bei dem Tagebuchbericht: „Mainz nach Peking in 15 Tagen“ der Pekinger ZDF-Korrespondentin Miriam Steiner.(https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-china-quarantaene-tagebuch-100.html#xtor=CS5-281),und zu sehen bei den Lockdown Reportagen aus Shanghai u.a. mit den nachts durch die Straßen laufenden und Befehleverkündenden Roboterhunden. 

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Tibet

Auf der „Straße der Freundschaft“ von Lhasa nach Kathmandu

Zwischen Gebet und Gewalt

Am 22. September – kurz vor Reiseantritt am 6. Oktober  2012 – erreicht mich die Mail von Narayan, unserem nepalesischen Reiseleiter, der für mich schon mehrere Nepalfahrten organisiert und begleitet hat, dass alle Ausländer Tibet verlassen müssen und keine Einreise mehr möglich ist. Die geplante Studienreise mit Schulleiter*innen nach Tibet gerät in Gefahr. Vorfälle in Tibet, wie das Verbrennen einer chinesischen Flagge auf dem Mount Everest und eine Selbstverbrennung anlässlich eines Staatsbesuches in Peking, führen in der angespannten Situation auf chinesischer Seite automatisch zu drastischen Reaktionen. 

Alles ist vorbereitet und gebucht, und jetzt musste in Alternativen gedacht werden, die eigentlich niemand wollte. Erstaunlich die Reaktion der Gruppe: eine optimistisch-positive Lebenseinstellung vertraute auf eine Änderung der Politik bis zu unserer Ankunft. So flogen wir los – nicht ohne zuvor noch einmal alle Visaformalitäten zu erledigen – und kamen mit Etihad Airways und einem längeren Zwischenstopp in Abu Dhabi abends in Kathmandu an.

Vierzehn etwas müde Reisende freuten sich über die Begrüßung mit gelben Schals und einige von uns über ein Wiedersehen mit Narayan von der Nepaltour des letzten Jahres.

Das Hotel Manaslu war ein angenehmes „base camp“ für unsere Unternehmungen.  Hier trafen wir auf eine indische Gruppe, die sich auf die Besteigung des Mount Everests vorbereitete, geleitet von einer der ersten Frauen, der dies schon gelungen war. Ein dichtes Programm, ähnlich dem früherer Nepalfahrten in Kathmandu, lenkte von der Ungewissheit der Einreisemöglichkeit nach Tibet ab:  der frühmorgendliche Flug entlang der Himalayakette und dem Mount Everest, der Schulbesuch in der Bright Future School in Naikap, der Partnerschule der Düsseldorfer Dieter-Forte Gesamtschule, der Besuch des Schamanenzentrums mit Healings und interessanten Einblicken in diese Welt der alternativen Medizin, die UNESCO Weltkulturerbestätten Pashupatinath am heiligen Bagmati-Fluss, wo die Feuerbestattungen stattfinden, die buddhistische Stupa Boudhanath, Bhaktapur, Durban Sqare und Swayambhunath.

Und dann endlich die erlösende Nachricht, dass ab dem 8. Oktober, unserem Flugdatum nach Lhasa, begrenzte Einreisen nach Tibet wieder möglich waren. Wie auch immer Narayan es geschafft hat, wir waren dabei und erreichten nach einem beeindruckendem Flug über den Himalaya bei blauem Himmel und Sonnenschein unser Ziel Lhasa.

Schon Minuten später bei der äußerst intensiven Gepäckkontrolle merkten wir die Höhe, an die wir uns jetzt anpassen mussten. Ob alt, ob jung, sportlich oder nicht, man kann sich nicht darauf vorbereiten. Deutlich wurde diese Ungewissheit, als wir eine Gruppe Jugendlicher trafen, von denen einer kurz nach der Ankunft in Lhasa solche Höhenprobleme bekam, dass er sofort unter Sauerstoffbeatmung  ins Tal geflogen werden musste. Kurzum, wir waren in der glücklichen Lage, dass es oft anstrengend war, einige sich auch zwischendurch schlecht fühlten oder sogar nach eigener Auskunft an ihre Grenzen kamen – niemand aber ernsthaft höhenkrank wurde. Narayan beobachtete uns genau, um Anzeichen für Probleme rechtzeitig erkennen zu können.

 Der Aufstieg zur Besichtigung des Potala Palastes am nächsten Tag, zeigte uns deutlich, was Höhe bedeutet. Alle 50 Stufen mussten wir erst mal pausieren, bevor wir diesen eindrucksvollen Palast und vor allem  die faszinierende historische Atmosphäre in den Räumen erleben konnten, in denen Heinrich Harrer seinerzeit den Dalai Lama unterrichtete.

Der Potala Palast

Dann der Kontrast, der uns unter die Haut ging: in Lhasa überall Videoüberwachung, und an den Eingängen zum Hauptplatz, dem Barkhor Markt und Jokhang Tempel Scannerkontrollen wie am Flughafen. Wir gehen zum Abendessen in ein Lokal, aufgebaut ähnlich einer tibetische Jurte. Ich schiebe den Vorhang beiseite, und keine 30 Meter entfernt steht ein chinesischer Soldat mit Maschinenpistole im Anschlag auf dem Dach. Auf dem Rücken der Soldaten Feuerlöscher. Auf den Plätzen Planen, unter denen Stangen mit Eisenringen zu sehen sind, mit denen brennende Mönche weggezogen werden können. Der Widerstand der tibetischen Mönche hatte neue Wege entwickelt, um den Kontrollen zu entgehen. Die Mönche überschütteten sich mit Benzin, zogen einen Mantel darüber. Dies konnte durch Scannen nicht erkannt werden, und dann setzen sie sich in Brand. 1 ½ Millionen Soldaten, die Hälfte davon in Zivil, überwachen die Besatzung. Nirgendwo wird dies so drastisch vorgeführt wie in Lhasa. 

Nur allmählich gewöhnten wir uns an die dünne Luft, während wir auf der Fahrt über die sogenannte „Straße der Freundschaft“ durch Tibet bis auf 5400 Meter anstiegen. Eine faszinierende, unvergleichliche Landschaft breitete sich täglich vor uns aus. Das helle Weiß des Himalayas, das tiefe Blau der Bergseen, die Steinhaufen und tibetischen Gebetsfahnen, Yak-Herden, weite Getreidefelder in den Tälern und gastfreundliche Tibeter, wo immer wir anhielten. Dazu die berühmten tibetischen Klöster Depung, Tashilhunpo in Shigatse, Gyantse und Samye , mit diskutierenden oder einfach nur meditierenden Mönchen, Klöster mit jahrhundertealten Schätzen der tibetischen Kultur, die den Horden der Kulturrevolution entgangen sind.

Beim Betreten der Klöster taucht man ein in die für uns mystische bunte Welt des tibetischen Buddhismus, dargestellt durch Wandmalereien mit religiösen Motiven einer der vier tibetischen Hauptrichtungen des Buddhismus. Die Atmosphäre aus Stille und gedämpftem Licht mit den Gläubigen in tiefer Frömmigkeit vor den Altären oder im Tempelbereich mit ihren Gebetsmühlen unterwegs die Heiligtümer mehrmals umrundend, nimmt uns gefangen und für einen bestimmte Zeit wird man Teil dieser Lebensform, die zur inneren Ruhe und zum Anhalten des ständigen Weiterdenkens hin zu sich selbst führt. In manchen Klöstern erleben wir das leise Gemurmel betender Mönche, wir riechen die Rauchopfer für bestimmte Götter und hören den hellen kurzen Klang ritueller Instrumente. Gesammelt und beeindruckt kehren wir in unsere Gedankenwelt zurück und setzen die Fahrt fort und brauchen abends die Zeit, diese berührenden Erfahrungen zu besprechen und zu verarbeiten.

Geweckt werden wir frühmorgens von dem Befehlsgeschrei zum Morgenappell der chinesischen Besatzungskompanien, die überall in Tibet verteilt sind. Diese Kasernen liegen außerhalb der kleinen tibetanischen Dörfer, die leider durch die typisch triste Bauweise im ländlichen China verschandelt werden. Am Ausgang der Dörfer sind niedrige Stahlkonstruktionen über die Straßen gebaut, die nur PKWs durchlassen. Mit unserem Bus müssen wir zu einer extra Ausgangssperre mit strenger Kontrolle für Lastwagen und Busse. Die imperiale Dominanz der Chinesen, dieses ehemals frei Tibet für immer zu versklaven, zeigt sich auch in Details. Wo immer wir Hinweisschilder z. B. auf Städte sehen, steht der chinesische Name groß oben und sehr klein der tibetische, ursprüngliche Name darunter.

Unterwegs auf unserem Weg von Ost nach West überwältigen uns wieder die Eindrücke dieser so einzigartigen Landschaft. In einfachen kleinen Hotels übernachten wir, genießen das köstliche tibetische Essen wie Momos und die leckeren Fleischgerichte aus Yak und Hammel. Dazu schmeckte am besten das Lhasa oder Snowbier. Und dies im Zusammensein in einer Gruppe, die harmonisch miteinander auskam. Besonders auch mit Tashi, unserem tibetischen Führer, der so selbstverständlich sein Tibet verkörperte im Konflikt mit der chinesischen Überfremdung. Die letzte tibetische Nacht verbringen wir im Snow Leopard Guesthouse, einer alten Karawanserei gegenüber der chinesischen Seite des Mount Everest. Nepal hatte diese Seite des Himalaya an China abgegeben, um den Expansionsgelüsten des mächtigen Nachbarn etwas von dem ständigen Druck zu nehmen. Wir kommen beim Sonnenuntergang an. Die Spitzen der Berge des Himalayas leuchten rötlich von der Abendsonne, bevor es dann schlagartig äußerst kalt wird. Es gibt einen geheizten Raum im Guesthouse zum Abendessen, und in gemütlicher Runde geht es der kalten Nacht entgegen mit Wasser im Zimmer, gefroren in Eimern, und Zudecken nach der Zwiebelmethode. Wir hatten den Wecker gestellt, um das Schauspiel des Sonnenaufgangs am Mount Everest zu erleben.

Der Sonnenaufgang  sollte uns aus der partiellen Erstarrung erlösen. Es war so kalt, dass sich bei einem von uns eine Maus in seinen Schlafsack geschmuggelt hatte. Aber nichts geschah. Narayan hatte sich um eine Stunde vertan. Mein Vorschlag, uns durch kurze Läufe warm zu halten, endete schnell. Ich hatte die Höhe vergessen, und nach wenigen Metern Laufen war die Luft weg. Wir harrten trotzdem frierend aus bis zu dem grandiosen Lichtspiel des Sonnenaufgangs am Mount Everest. Ein warmes Frühstück taute uns wieder auf, und wir fuhren zur Grenzkontrolle, um Tibet zu verlassen.

Hier erfahren wir, dass Tibet wegen einer weiteren spektakulären Protestaktion erneut für Touristen gesperrt ist. Welches Glück für uns, dieses schmale Zeitfenster geöffnet gefunden zu haben. Wir verabschieden uns von unserem netten tibetischen Führer Tashi, der uns so viel über sein Land erzählt hat. Geboren in einem Tal fern von Lhasa fragte er einst seine Mutter, wann er geboren sei, und ihre Antwort war:  „Es hat geschneit.“

Es geht abwärts in Richtung Kathmandu. Die „Straße der Freundschaft“ in Tibet war militärisch gut ausgebaut, auf nepalesischer Seite wird es eine Abenteuerfahrt durchs Gebirge mit Straßen, durch Erdrutsche und Abbrüche fast unpassierbar, spannend, gerade wenn nichts passiert.

Zurück in Kathmandu erwartete uns unerwartet ein absolutes Highlight unserer Fahrt. Da die Zufahrt zum Mount Everest Basecamp wegen eines Erdrutsches gesperrt war, wurden Bergrettungen von Kathmandu aus gestartet. Durch Narayans Beziehung zu den Piloten erhielten wir die Chance, mit zwei Rettungshelikoptern durch den Himalaya bis zum Everest Hotel in 3800 Meter Höhe zu fliegen. Ein japanisches Hotel, zu dem alles hinaufgetragen werden muss, auch das Wasser für die Badezimmer. Die Luft ist so dünn, dass der Hubschrauber dort nicht mit fünf Personen landen konnte. Bei einem Zwischenstop auf einem Hochplateau werden zwei von uns zur Entlastung abgesetzt um später dort wieder abgeholt zu werden.

Abgesetzt auf einem Plateau irgendwo im Himalaya

Ein überwältigendes Naturerlebnis, als das Geräusch der Hubschrauber in der Ferne verschwindet. Hörbare Stille in der Einsamkeit mitten im Himalaya. Nach einer Weile taucht der Gedanke auf, dass niemand uns hier finden würde, wenn die Hubschrauber ihr Ziel verfehlen würden. Es kommt uns vor wie eine Ewigkeit, bis wir endlich das Tok Tok – Geräusch der Rotoren eines Hubschraubers hören, der dann auch uns zum Himalaya Hotel fliegt.  Zwei Stunden sitzen wir dort vor diesem Panorama mit Lhotse und Mt. Everest in der Sonne und können uns nicht losreißen von diesem Anblick. Dann geht es zurück. Die Rettungsaktion ist vorüber, und wir fliegen ins Tal zurück, um an einem letzten Tag nach Bhaktapur und Patan zu fahren, weitere Weltkulturerbstätten und ehemalige Königstädte im Kathmandutal.

Dann kommt der Abschied von Nepal. Unser Reiseleiter Narayan und der Direktor der Bright Future School, Daya Ram Tapa sind zur Verabschiedung am Flughafen, und die Gruppe fliegt zurück nach Hause.

Vier von uns bleiben zurück um ihre Freiheit noch für eine Anschlusswoche im Königreich Bhutan, dem Land des Bruttonationalglücks als höchster ethischer Einheit, zu verbringen.

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This is your Peace

Prague 1968

Four years after the crushing of the „Prague Spring“ I came to Prague with a group of students in 1972 and the pictures of the tanks in Prague and the self-immolation of the student Jan Palach as a protest against the Moscow dictate were still unforgotten. The „Prague Spring“ of 1968 – a hope that all too quickly fell victim to the imperialism of the Soviet Union.  Another time to Berlin, Warsaw, Sofia and Budapest.

The Soviet Union dissolved, Russia’s policy did not change when Putin came to power. The list of military interventions has become longer and the brutality has and leads today to the destruction of entire cities and countries: Georgia, Armenia, Aleppo, Libya,Crimea, Ukraine…?

The Soviet Union dissolved, Russia’s policy did not change when Putin came to power. The list of military interventions has become longer and the brutality has and leads today to the destruction of entire cities and countries: Georgia, Armenia, Aleppo, Libya,Crimea, Ukraine…?

Posters at Prague University
Text : This is your peace
Text: This is Imperialism

Today, once again, tanks are rolling into a European capital to crush people’s longing for a dignified life in freedom and democracy with tanks. The increase of the imperialist Soviet occupations of the Soviet Union within the Warsaw Pact to Putin’s mania for revision is the cold, murderous warfare in violation of international law, are war crimes that deliberately kills civilians and attacks humanitarian institutions such as hospitals, schools and kindergartens, destroys food warehouses and water pipes to demoralize the people.

Text : The best method of use

In 1972, life in Prague had inevitably returned to normal, under the varnish covering the sadness and hopelessness . 

Then in the „cold war“ as now in times of globalization, the rest of the world had little to oppose Soviet aggression. It was this mood that was still felt everywhere.

But in all crises, people have resisted resignation creeping in. I saw a sign of this when I opened the closet door in my hotel room while putting away my things. Largely carved into the inside of the closet door was 3:2 in the inside of my closet in the hotel room without further comment.  It didn’t take my memory long to understand the meaning. It was an expression of joy and revenge. With 3:2 the team of Czechoslovakia defeated the Soviet Union and thus became the ice hockey world champion in 1972 by this triumph against the oppressors.  It was a hidden sign and a step towards the resurgence of hope and self-confidence, especially because of the great importance of this sport in both countries.

Prague was full of tourists and could be visited again in its beauty . The damage of the occupation had been largely repaired, the infrastructure, including the tourist one, was functioning. My warnings about the danger of exchanging money black were taken. What I did not know, the bus drivers of both countries had organized the exchange of money to avoid the official large margin and the export of the coveted Crimean sparkling wine among themselves.  And still there remained a certain uneasiness and latent fear because of the constant surveillance. This had already begun at the border crossing with meticulous passport controls and searches of the bus. It was terrible that some students had their hair cut off because the long hair of some did not match their passport pictures.  A harassment and deliberate humiliation of the so decadent Westerners. Bad also especially because they were exposed to their „long hair already at home often pressure and discussions and have not been influenced by it. Here delivered to the cold power no protest helped, against this chicanery, because in case of the refusal the entry was prevented. As an accompanying teacher, I was not in a position to spare them this experience.  It was a lesson about arbitrary state power, better than any lesson could have conveyed.

Radiant weather in this beautiful city let us enjoy the days nevertheless. On the Karls Bridge over the Vltava River with the view of Prague Castle, political reality came back for me. An elderly gentleman had observed our group, approached me and asked if I had some time to talk. He had collected posters and handbills at the university in 1968 and asked me to take them with me to the West as documentation of that time. We met in the evening at Luka’s home and spent a nice and exciting evening. As a farewell he gave me a bag with the documents and we hugged each other for a long time, knowing the low probability of seeing each other again.

Lukà had found his form of resistance and brought it to a conclusion for himself.

The euphoria of this encounter made me realize the risk I had taken only shortly before the border.  Shortly before the border, despite all warnings, some of the group had to leave – the result of too many bottles of Pilsener Urquell before the return trip. So it was clear that our bus would be searched very carefully. They were always trying to prevent so-called defections of locals to the West.

I hid all documents under my sweater and coat around the middle of my body and was lucky. We had to get off and the bus was thoroughly searched, but not us. Only slowly my pulse calmed down and nobody had noticed anything of my nervousness.

At that time I could only pass around the contemporary documents and show them. On the occasion of the war crimes in Ukraine and in order to document the continuity of the Soviet-Russian imperialist attacks on freedom and democracy, as well as a call not to give in to a deceptive calm, I show them here on the Internet – as a reminder and a warning.

Gallery „Prague Spring“ 1968 – In the gallery are the notices at the university, newspaper clippings and posters that Luka entrusted to me in 1972. They should reach the West and not be forgotten.

(With Google translator photo function the texts can be translated)
Funeral of Jan Palach

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Irgendwo in Nepal

 Hoffnung im Chaos nach der Abschaffung der Monarchie 2009eine Eliteschule öffnet sich für die armen Kinder der Region

Bright Future – in dem Namen dieser Schule fokussiert sich Hoffnung gegen Fatalismus. Nepal, Zielort früher Träume ist nun erreicht. Erinnerungen kehren bei mir wie Einsprengsel zurück beim Landeanflug auf Kathmandu: James Hiltons, „Lost Horizon“ oder Lobsang Rampas „ Das dritte Auge“, Shangri – La, das unbekannte Refugium, Mustang ,das geheimnisumwobenes Königreich Lo, das sich lange jedem Tourismus widersetzte.

Dazu Tiziano Terzanis erst idealisierende und dann, an der Realität überprüft, skeptischer werdende Berichte im „Spiegel“ zu Nepal.

All das ist in meinem Kopf bei der Ankunft im Kathmandu International Airport. Hier beginnt nun die Bildungsreise der Schulleitungsvereinigung NRW, angeregt durch unseren Reiseleiter Narayan und den Freundeskreis Nepal aus Münster.

Die Eingangshalle des Hauptstadtflughafens entspricht dem in einer abgelegenen Region ebenso wie die Abwicklung der Einreiseformalitäten ohne Computer von gelangweiltem Personal. Nach nicht nachvollziehbaren Kriterien drückt sich der ungeordnete Pulk durch die schmalen Durchgänge. Nur das Einkassieren der Visagebühr geht zügig vonstatten. Das Begrüßungskomitee der Schule allerdings übertrifft alle Erwartungen an ein farbenfrohes und heiteres Nepal. Geschmückte Mädchen in der roten Landestracht, die Jungen in Anzug und Schlips der Schulkleidung empfangen uns mit strahlenden Gesichtern. Ein Banner wird ausgerollt, und wir werden mit Blumengirlanden und gelben Tüchern umhängt und herzlich willkommen geheißen. Ein Hauch von malerischem Paradies am Fuße des Himalayas.

Es ist heiß, und die Luft ist stickig. Der Schulbus wird uns nach Naikap bringen, ein Stadtviertel im Westen der Außenbezirke Kathmandus. Die Stimmung im Bus zusammen mit den Kindern ist fröhlich, und sie sind neugierig auf uns – wer weiß, was ihre Lehrer ihnen erzählt haben -und wir auf sie. Besonders die Fotoapparate mit der Möglichkeit sich sofort zu sehen haben es den Kindern angetan. Beim Blick aus dem Fenster aber tritt dies zurück, und es verflüchtigen sich die Illusionen der mitgebrachten Vorstellungen.

Kathmandu liegt unter einer Smogglocke in einem Kessel, aus dem Smog nicht entweichen kann, Smog von fossilen Brennstoffen, stinkenden PKW, LKWund unzähligen Mopeds. Vor den Wahlen hatten die „Maoisten“ nicht ohne Erfolg auf das Ergebnis der Wahl allen jungen Männern Mopeds geschenkt. Man sieht sie überall. Wie man hier leben kann, ohne an den Atemorganen zu erkranken, bleibt ein Rätsel – ein Cocktail aus Vitamin D und Gelbwurz soll uns stabil halten. Die ersten Bilder, die an uns vorbeiziehen, sind nur schwer zu ertragen. Dreck und Armut, chaotischer Verkehr und eine staubbelastete Hässlichkeit wohin man blickt. Auf den an Schlaglöchern reichen Straßen werden alle ständig durchgerüttelt und greifen nach Stangen und Polstern. Nur in der Nähe des Regierungsviertels ändert sich das – dafür schaut man auf Wachtürme und Soldaten mit Maschinengewehren auf Lafetten mitten in der Stadt. Ein sicheres Zeichen von mit Angst gepaarter Gewalt, bei den nach der Abschaffung des Königtums nun hier herrschenden sogenannten „Maoisten“.

Der Schulbus hält in Naikap, einem dorfähnlichen Stadtteil am Rande Kathmandus, ohne Straßen. Es sind Sand- und Steinwege in einer braun verbrannten und ausgedörrten Landschaft. Seit Monaten hat es hier nicht geregnet, und alle warten sehnsüchtig auf den Monsun. Wir klettern den Weg hinauf zum Schamanenzentrum, wo wir die nächsten Tage wohnen werden. Auch hier wieder eine so herzliche Begrüßung besonders durch Mohan Rai, den obersten Schamanen Nepals, die uns alles um uns herum vergessen lässt. Mohan Rai ist der Begründer und Direktor des „Shamanistic and Research Center“ und unterstützt das Schul-und Patenprojekt in Naikap

Mohan Raj

Das Haus ist einfach. Wir wohnen in schlicht ausgestatteten Zweibettkammern und richten uns ein. Hier muss man möglichst viel bei Tageslicht erledigen. Die „maoistische“ Regierung lässt nur vier Stunden Strom zu, und das jeweils in den einzelnen Stadtvierteln nacheinander. Man weiß nie genau wann es soweit ist. Mal hat man Strom von 1 – 4 Uhr morgens, wenn alles schläft, mal tagsüber. Nächtliche Beleuchtung bleibt eine Überraschungsangelegenheit ohne Generator , dafür mit Kerzen und Petroleumlampen. Ein uns ungewohnter Anblick, diese Kerzen auf den Treppenstufen, wenn wir zum Dach hinaufsteigen, um den leichten Wind gegen die Hitze zu genießen, fast schon romantisch, wenn es nicht so elend wäre und die Stupidität einer Regierung bezeugen würde, die auf diese Weise keine Arbeitsplätze schaffen wird . Hier scheint man noch nicht einmal die Diskrepanz zwischen verantwortungsvollem Regieren und der gleichzeitigen Fortführung von Sabotage und Mangelwirtschaft zu verstehen noch gar den Mangel auflösen zu wollen, und es bleibt ein weiterer Niedergang des Landes zu befürchten.

In einem ersten Treffen werden wir über den Stand der Projekte des Freundeskreises Nepal informiert, über das Patenkindprogramm mit Schulstipendien und den Schulneubau. Eine beeindruckende Arbeit ist hier in den letzten Jahren geleistet worden.

Unsere Ankunft hat sich herumgesprochen, und überall schallt uns ein herzliches Namaste entgegen, Hände werden zusammengelegt und das Gesicht uns zugewandt. Dieses Namaste wird uns die nächsten Tage begleiten, und es ist keine Floskel. Aufgeschlossenheit und Freude drücken sich hierin aus. So viel Strahlen, Unbeschwertheit und Freude bei den Kindern macht auch uns glücklich. Nur in den Gesichtern vieler Erwachsener zeigt sich die Not – auch wenn sie es eigentlich nicht zeigen wollen. Wir fahren in die Bright Future School, wo wir mit hundertfachem Namastei begleitet durch ein Spalier von Eltern, Kindern und Lehrern zum Versammglungsplatz der Schule geführt werden. Hier sitzen wir unter einem großen Sonnensegel, und verfolgen auf einer kleinen Bühne neben der Begrüßungsansprache des Schulleiters Daya Ram Thapa eine gekonnte Abfolge von Musik und Tanz, die uns stark beeindruckt. Hierin zeigt sich auch die Besonderheit dieser Schule, die bei allen Wettbewerben in Asien zu den Siegern gehört.

Viel Beifall, und dann folgen weitere Tanzdarbietungen. Wir werden auf die Bühne geholt, und alles endet im gemeinsamen Tanz. Erst jetzt merken wir, dass diese Feier fast 4 Stunden gedauert hat.

 In einem weiteren feierlichen Moment wird eine Schulpartnerschaft mit der Dieter-Forte-Gesamtschule in Düsseldorf, mit dem ausdrücklichen Ziel eines Lehrer- und Schüleraustausches, durch Unterschriften und Urkunden besiegelt. 

Unterschriften für die Schulpartnerschaft

Am nächsten Tag ist Sprechstunde. Mütter kommen mit ihren Kindern, um für diese eine Patenschaft für den Schulbesuch der Bright Future School zu erhalten. Interviews werden geführt, Fotos gemacht, und am Ende gibt es 12 neue Patenkinder, die ab der nächste Woche in diese Schule mit Ganztagsbetrieb und Schulspeisung gehen können. Sie dürfen nun mit anderen Kindern und Jugendlichen in diese Schule gehen, deren Eltern das Schulgeld selbst bezahlen können und für die Bildung und satt werden selbstverständlich ist. Verbunden damit laufen Bemühungen, Wohnungen für die Familie derPatenkinder zu finden. Sie kommen oft aus den Wellblechhütten neben ihrem Arbeitsplatz in der Ziegelfabrik. Nur so kann die Voraussetzung für eine gesunde und zukunftsorientierte Entwicklung möglich werden. Die Kinder sind die Zukunft des Landes, denn ohne Bildung gibt es keine Zukunft. Gekoppelt ist der Schulbesuch der Mädchen und Jungen mit der Teilnahme der Mütter an der Abendschule. Hier lernen sie Lesen und Schreiben, erschließen sich den Zugang zu Informationen. Es ist ein Stück Hilfe zu mehr Würde und Emanzipation der Frauen und wird auch so empfunden. 300 Mütter nehmen an dieser Abendschule teil. Wir gehen in die Familien der Patenkinder und prüfen, ob alles den Absprachen entspricht und das Geld, das über das Schulgeld hinaus für besondere Zwecke bezahlt wird wie Medikamente bei schweren Erkrankungen, auch so genutzt wird wie geplant.

Zurück von den Hausbesuchen, werden die Erfahrungen ausgetauscht, Berichte verfasst und die Aufgaben für den nächsten Tag verteilt. Die Ärztinnen berichten über ihre Krankenbesuche und ihre Sprechstunden, durchgeführt unter freiem Himmel und in Höfen.

Am nächsten Morgen ist Baubesprechung. Die Schule muss neu errichtet werden. Eine von den „Maoisten“ ohne Rücksicht auf die Schule verfügte neue Schnellstraße macht den bisherigen Schulweg lebensgefährlich und nimmt der Schule den Raum. Die geplante neue Schule rückt näher ans Viertel heran, das Land ist langfristig gepachtet und besonders wichtig in dieser Gegend: sie soll erdbebensicher gebaut werden. Es gibt genug Fläche auch für angrenzende Sportanlagen. Alles sieht gut aus. Jetzt warten alle auf den Monsunbeginn, denn ohne Wasser – wie jetzt in der Dürre – kann nicht gebaut werden. Und noch eine Hürde ist da. Die „Maoisten“ wollen von allem 25% Steuern kassieren. Die Linie ist klar: keine Spenden mit Abzug , so wie auch kein Cent der Spenden in Verwaltungskosten geht.

Umzüge von zwei Familien stehen auf dem Programm. Der Besuch in den Familien der neuen Patenkinder hat teilweise erschreckende Wohnverhältnisse offenbart. Zimmer oder Ladenverschläge mit Rollgitter für 4 Persone ohne Tageslicht, Strom, Wasser und Toiletten – kaum zu glauben wie man dort leben kann, kaum zu glauben wie die Familien es schaffen ihre Kinder zu ernähren und so sauber und adrett in die Welt zu schicken. Mit Hilfe des Schamanen gelingt es uns Zimmer anzumieten, die ein menschenwürdiges Wohnen erlauben Dazu gibt es für den Start einen Grundeinkauf nach einer Liste für Grundnahrungsmittel für die nächsten Wochen. Eine Diskussion über den sogenannten „Tropfen auf den heißen Stein“ ist nicht zu verstehen. Auch nur eine Familie ins Leben zurückzuführen, einem Kind das Lernen zu ermöglichen, ist jede Anstrengung wert.

Ein letztes Bild bei unserem Abschied prägt sich ein. Es war uns nur am Rande aufgefallen, dass wir keine Ball spielenden Kinder gesehen haben. Ein Fußball und ein Netz mit anderen Bällen wird den Kindern am Morgen geschenkt, und als wir in den Minibus steigen, der uns zum Flughafen bringt, sehen wir eine Schar Jungen, die sich ein Feld mit Toren geschaffen haben, die so begeistert Fußball spielen, dass sie unsere Abfahrt nicht bemerken.

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Dies ist Dein Frieden

Prag 1968

Vier Jahre nach der Zerschlagung des „Prager Frühlings“ kam ich 1972 mit einer Schülergruppe nach Prag, und die Bilder der Panzer in Prag und die Selbstverbrennung des Studenten Jan Palach als Protest gegen das Moskauer Diktat waren noch unvergessen. Der „Prager Frühling“ 1968 – eine Hoffnung, die allzu schnell dem Imperialismus der Sowjetunion zum Opfer fiel. Ein weiteres Mal nach Berlin, Warschau, Sofia und Budapest.

Die Sowjetunion löste sich auf – Russlands Politik änderte sich mit der Machtübernahme Putins nicht. Die Liste der Militärinterventionen ist länger geworden, und die Brutalität führt damals und heute bis zur Vernichtung ganzer Städte und Länder: Georgien, Armenien,Aleppo, Libyen, Krim, Ukraine…?

Plakate an der Prager Universität

Text : Dies ist Dein Frieden
Text: Das ist der Imperialismus

Heute rollen wieder einmal Panzer in eine europäische Hauptstadt ein, um die Sehnsucht der Menschen nach einem würdigen Leben in Freiheit und Demokratie mit Panzern niederzuwalzen. Die Steigerung der imperialistischen sowjetischen Besetzungen der Sowjetunion innerhalb des Warschauer Paktes bis hin zu Putins Revisionswahn ist die kalte, völkerrechtswidrige, mörderische Kriegsführung, sind Kriegsverbrechen, die vorsätzlich Zivilisten tötet und humanitäre Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten angreift, Lebensmittellager und Wasserleitungen zerstört, um die Menschen zu zermürben.

Text : Die beste Methode der Verwendung

1972 hatte sich das Leben in Prag zwangsläufig normalisiert, unter der Firnis die Trauer und Hoffnungslosigkeit bedeckend.

Damals im „kalten Krieg“ wie heute in Zeiten der Globalisierung hatte der Rest der Welt der sowjetischen Aggression wenig entgegenzusetzen. Es war diese Stimmung, die immer noch überall zu spüren war.

Doch in allen Krisen haben Menschen der sich nach und nach einschleichenden Resignation Widerstand entgegengestellt. Ein Zeichen hierfür sah ich, als ich in meinem Hotelzimmer beim Einräumen meiner Sachen die Schranktür öffnete. Groß eingeritzt in die Innenseite der Schranktür stand 3:2 ohne weiteren Kommentar. Mein Gedächtnis brauchte nicht lange, um die Bedeutung zu verstehen. Es war ein Ausdruck der Freude und Revanche. Mit 3:2 besiegte das Team der Tschechoslowakei die Sowjetunion und wurde 1972 Eishockeyweltmeister durch diesen Triumph gegen die Unterdrücker. Ein verstecktes Zeichen und ein Schritt zu wieder aufkommender Hoffnung und Selbstbewußtseins.Vor allem wegen der großen Bedeutung dieser Sportart in beiden Ländern.

Prag war voller Touristen und konnte in seiner Schönheit wieder besucht werden. Die Schäden der Besetzung waren weitestgehend beseitigt, die Infrastruktur, auch die touristische, funktionierte. Meine Warnungen über die Gefahr Geld schwarz umzutauschen wurden aufgenommen. Was ich nicht wußte, die Busfahrer beider Länder hatten den Umtausch des Geldes, um die offizielle grosse Spanne zu umgehen, und den Export des begehrten Krimsektes untereinander organisiert. Und trotzdem blieben ein gewisses Unbehagen und latente Angst wegen der ständigen Überwachung. Das hatte schon beim Grenzübergang begonnen mit penibler Passkontrolle, Durchsuchung des Busses. Schlimm war, dass einigen Schülern die Haare abgeschnitten wurden, da die langen Haare einiger nicht mit ihren Passbildern übereinstimmte. Eine Schikane und bewusste Demütigung der ja so dekadenten Westler. Schlimm auch besonders deshalb, weil sie ihrer „langen Haare“ wegen schon zu Hause oft Druck und Diskussionen ausgesetzt waren und sich davon nicht haben beeinflussen lassen. Hier, der kalten Macht ausgeliefert, half kein Protest gegen diese Schikane, weil im Falle der Weigerung die Einreise verhindert wurde. Als begleitender Lehrer war ich nicht in der Lage, ihnen diese Erfahrung zu ersparen. Ein Lehrstück über staatliche Willkür war es allemal, besser als jeder Unterricht dies hätte vermitteln können

Strahlendes Wetter in dieser wunderschönen Stadt ließ uns die Tage dennoch genießen. Auf der Karlsbrücke über die Moldau mit dem Blick auf die Prager Burg kam dann die politische Realität für mich zurück. Ein älterer Herr hatte unsere Gruppe beobachtet, sprach mich an und fragte, ob ich etwas Zeit hätte, um miteinander zu sprechen. Er habe 1968 an der Universität Poster und Handzettel gesammelt und bat mich, diese mit in den Westen zu nehmen als Dokumentation dieser Zeit. Wir trafen uns abends bei Luka zu Hause und verbrachten einen schönen und spannenden Abend. Zum Abschied gab er mir eine Tüte mit den Dokumenten, und wir umarmten uns lange, wissend um die geringe Wahrscheinlichkeit eines Wiedersehens.


Lukà hatte seine Form des Widerstandes gefunden und für sich zu einem Abschluss gebracht.

Mir wurde wohl durch die Euphorie dieser Begegnung erst kurz vor der Grenze klar, welches Risiko ich eingegangen war. Kurz vor der Grenze mussten doch, trotz aller Warnungen, einige der Gruppe austreten – Folge zu vieler Flaschen Pilsener Urquells vor der Rückfahrt. Damit war klar, dass unser Bus besonders genau durchsucht werden würde. Man suchte immer sogenannte Übertritte Einheimischer in den Westen zu verhindern.

Ich versteckte alleDokumente unter Pullover und Mantel um den Körpermitte verteilt und hatte Glück. Wir mußten aussteigen, und der Bus wurde gründlichst gefilzt, nicht aber wir. Nur langsam beruhigte sich mein Puls und niemand hatte etwas von meiner Nervosität bemerkt.

Damals konnte ich die Zeitdokumente nur herumreichen und zeigen. Anläßlich der Kriegsverbrechen in der Ukraine und um die Kontinuität der sowjetisch-russischen imperialistischen Angriffe auf Freiheit und Demokratie zu dokumentieren so wie als Aufruf, sich nicht einer trügerischen Ruhe hinzugeben, zeige ich sie hier an dieser Stelle – als Erinnerung und Mahnung

Galerie „Prager Frühling“ 1968 – In der Galerie sind die Aushänge an der Universität, Zeitungsausrisse, Flugblätter und Plakate, die Luka mir 1972 anvertraut hat. Sie sollten in den Westen gelangen und nicht vergessen werden.

(Mit Google Übersetzer Fotofunktion können die Texte übersetzt werden)

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Längs der Stille

Das Königreich Lo in Mustang

Eldorado, Ys, Ninive, Shangri-La – Zauberworte bei meinem fortschreitenden Entdecken der Welt. Geheimnisvoll, erforschenswert, schwierig damals in einer Welt ohne Internet und der Leichtigkeit der Information. Immer verbunden mit der Sehnsucht, diese Orte zu entdecken, und der Erfahrung, dass es sie in Realität nicht gibt. Jahrzehnte später tauchte ein neuer Name auf, das Königreich Lo in Mustang, vorher nie gehört, aber dieses Königreich gibt es wirklich und wurde zum Sehnsuchtsziel.

Das ehemalige Königreich in Mustang  ist erst seit 1992 für Touristen geöffnet.  Die lange Abgeschiedenheit hat die Ursprünglichkeit der Region erhalten,  mit dem stark tibetisch geprägten dörflichen Leben im trockenen Hochgebirgsklima.

Dauerregen, Erdrutsche, verschüttete Routen und Straßen, ins Tal gestürzte Jeeps und Busse, graues dunkles Licht in dem sonst sonnenverwöhnten Nepal. Diese Nachrichten erreichten uns nur wenige Tage vor unserem Flug nach Kathmandu. Ganz schlecht klang dies für unsere Reisegruppe mit dem Ziel in das abgeschiedene Hochtal Mustang im Himalaya zu fahren. Das tägliche googlen des Wetterberichtes versprach keine Änderung. Für Mustang hieß dies verschüttete Straßen, unpassierbar für die zwar wenigen aber doch in Teilen des Landes vorhanden Jeeps in dieser Region und lange Fußmärsche im Hochgebirge mit einer deutlichen Einschränkung des Programms.  Auch der Flug nach Jomsom, Gateway nach Mustang in 2713 m Höhe war nicht gesichert und die Alternative zu dem kurzen Flug ist eine abenteuerliche Busfahrt von mehr als 8 Stunden. Flüge nach Jomsom sind nur frühmorgens und bei wenig Wind möglich, fliegt man doch durch ein enges Tal an der Annapurna Range mit nur wenigen hundert Metern Abstand von den Felsen. Die Flugroute Pokhara-Jomsom gilt als eine der unfallträchtigsten Strecken in Nepal.

Aber alles wendete sich zum Guten, bis zu unserer späten Landung in Kathmandu, wo uns neben Narayan Adhikari, unserem Führer in Nepal, auch Mohan Rai, der oberste Schamane Nepals, den ich vor einigen Jahren kennengelernt habe, herzlich empfing.

Leise, dunkle Trommelschläge erreichen uns im Meditationsraum. Mohan Rai schlägt die Trommel und singt dazu Gebete , die dazu dienen, zur inneren Ruhe zu kommen, vom normalen Alltagsleben Abstand zu gewinnen. Nach einem Vortrag, längeren intensiven Gesprächen und einigen persönlichen Healings ist diese Meditation der Abschluss unseres Besuches bei Mohan Rai, bevor es mit seinen Segnungen los geht dem Himalaya Trekking in Mustang entgegen.

Der Annapurna erhebt sich hoch in strahlendem Weiß unter blauem, wolkenlosem Himmel als Hintergrund zum Flughafen Pokhara, wo wir zu Viert, nervös aber hoffnungsfroh, auf die Entscheidung warteten fliegen zu können . Der Flug wird freigegebenen. 30 Minuten erleben wir eine faszinierende, relativ windfreien Passage durch ein enges Himalayatal der Annapurna Range und landen sicher in Jomsom, dem Ausgangspunkt für Trekking in dieser Region. Erste Eindrücke vom Leben in diesem Teil der Welt sammeln wir hier, einem größeren und wichtigen Ort als Start und Endpunkt für Unternehmungen in Mustang. Schnell wird unser Gepäck in einem Bus verstaut und wir wandern vier Stunden bis Kagbeni, unserer ersten Unterkunft. Hier in 2800 m Höhe, gibt es kaum noch natürliches Grün, bis auf eine Spezialität. Hinter hohen Steinmauern, als Schutz vor den starken und kalten Winden, wachsen Apfelbäume, aus denen, wie man uns sagt, köstlicher Apfelschnaps gegoren wird. Mit Blick auf zukünftige Anforderungen verzichten wir, verschieben den Genuss auf den Tag unserer Rückkehr. Und obwohl wir aus Nepal Stromausfälle gewohnt sind, taucht hier ein neues Problem für den Verlauf des Trekkings auf. Strom aus dem Generator gibt es nur während der Zeit des Abendessens und alle Akkus müssen in dieser Zeit an die Stromleisten.

Die Kälte der Nacht ist vorbei, und wir wagen uns vor die Tür in die Wärme der ersten Sonnenstrahlen. Um uns herum reges Treiben, und auf dem Weg zur Visumsstelle kommen wir nur langsam voran, da die Ziegenherden durch den Ort in die Umgebung getrieben werden. Für das Königreich Lo braucht man ein Entry Permit zusätzlich zum Pass. Mit dem Stempel in der Tasche brechen wir auf, um nach Lo Manthang und zurück nach Jomsom zu trecken.

Den ersten Pass hinauf müssen wir noch lange Geduld haben, bis eine riesige Ziegenherde sich auf der Passhöhe in die Weite der kargen Landschaft verteilt. Letzte Order von unseren Sherpas, und es geht los. Ein Sherpa vorne und einer als Nachut beginnen wir erwartungsvoll unsere Wanderung zum nächstenTagesziel nach Tsarang (Charang) in 3700 m Höhe. Schon bald merken wir, dass Wandern in dieser Höhe und mit steilen Ab- und Aufstiegen in den Bergen viel abverlangt und realisieren, wie wichtig die Anweisung unsere Sherpas war: jeder bewegt sich in seinem Tempo und macht individuelle Pausen. Unsere kleine Vierergruppe ist, wie wir später feststellen, teilweise bis zu zwei Kilometern auseinander. Der Atem wird flacher, vor allem, wenn es bergauf geht, der Puls schlägt schneller, und immer öfter bleibt man stehen oder wartet im Sitzen auf die Beruhigung des Pulses. Das Panorama scheint wie aus einer andern Welt, das Gestein in allen Gelb- und Brauntönen und immer wieder unglaubliche Ausblicke auf die strahlend weissen Achttausender des Himalaya. Nichts wächst hier, und dann diese Stille, kein Laut außer unseren Geräuschen dringt an unser Gehör. Nur selten sieht man einen Raubvogel kreisen, und es riecht nach nichts, nur Sand, Staub und Felsen. Die Landschaft ist auf Dauer gleich. Der Fluß Kali Gandaki schlängelt sich durch die tiefste Schlucht der Welt, der Weg oft nah an Abgründen ist schmal und anstrengend zu gehen. Nur selten begegnen wir Einheimischen, die einzeln mit Lasten in Kiepen auf dem Rücken in beide Richtungen gehen. Mit zunehmender Zeit und der gleichbleibenden Landsschaft reduziert sich fast alles auf das Gehen ohne nach rechts und links zu blicken.

Die physische Anstrengung geht einher mit der Auseinandersetzung mit Dir selbst als ständiger innerer Dialog. Mehr und mehr ist nichts außer mir selbst wichtig, ich habe ein Ziel, eine Herausforderung, und ich darf und will nicht aufgeben. Und dann fällt beim Erreichen des Tageszieles in der Erholung dies alles von Dir ab und löst sich auf in ein Glücksgefühl über das Erreichte. Tagsüber allein immer an der körperlichen Grenze und auch in nötigen Pausen die Auseinandersetzung mit sich selbst in der Grenzerfahrung der Höhenluft und der Anforderungen der Strecke. kehren wir abends aus der Alleinigkeit des Tages zurück in die Gemeinschaft. Wir wenden uns mit gelöstem Strahlen im Gesicht wieder einander zu und sind stolz es geschafft zu habenund einen zwar kurzen, aber schönen Abend gemeinsam in einer unserer Himalaya Lodges vor uns zu haben. Wir tauschen unsere Emotionen, unsere Gedanken aus und sind gespannt auf das Morgen. Beim Essen ist auch das Gespräch mit den Gastgebern möglich, eine wertvolle Erfahrung. Unsere Gastgeber in dieser ersten Lodge haben eine kleine Tochter, die sich interessiert in unserer Nähe aufhält. Ich habe Buntstifte bei mir und werde mit einem strahlenden Lächeln bedankt, als ich sie ihr schenke – und es wird ein Wiedersehen auf unsere Rückweg geben.

Wir wissen jetzt genauer, was in den nächsten Tagen an Anstrenungen vor uns liegt, die unterwegs immer wieder belohnt werden, wenn wir den Blick und den Kopf vom Trekking lösen und uns einmaligen menschlichen , kulturellen und historischen Begegnungen öffnen können. Nach einem längeren Marsch taucht im gleissenden Gegenlicht eine Stupa auf, und vom Kamm aus öffnet sich der Blick auf eine hoch gelegene große Tempelanlage, die alte Gompa von Tsarang in 3700 m Höhe. Kein Geräusch; die absolute Stille wird plötzlich von einer Stimme unterbrochen. Ein Mönch begrüßt uns. Er ist der Einzige, der noch hier oben geblieben ist. Es ist Oktober, und der eisige Winter im Himalaya rückt näher. Alle anderen Mönche sind schon ins Tal abgestiegen. Nur einer bleibt hier zur Sicherung des Tempels; zudem hier und an anderen Orten noch alte, nicht transportfähige Menschen.

Der Mönch freut sich über unseren Besuch und führt uns durch den Tempel.

Die alte Gompa von Tsarang 13 95 errichtet

Und zu unserer großen Überraschung dann zu einem besonderen Schatz in der zugehörigen Bibliothek des Tempels. Die Atmosphäre in diesem Raum nimmt mich gefangen, während wir seinen Erklärungen über die Zahl 108 lauschen, die heilige Zahl des Buddhismus, über Pustak, ein heiliges Buch mit je 108 Pergamenten mit 54.000 Sutren.

Genau 108 dieser Pustaks liegen hier zwischen geschnitzten Holzrücken in den Regalen, in ein Tuch eingeschlagen, mit einem Band umwickelt.

Die Kanpur und Tanjur Originalabschriften in Tsarang

Für die letzte Etappe von Tsarang nach Lo Manthang konnten unsere Sherpas einen der wenigen Jeeps besorgen. Über eine wieder abenteuerliche Steinpiste durch diese wilde, raue und lebensfeindliche aber gleichzeitig faszinierende Landschaft, fahren wir in Richtung Lo Manthantang,   der Hauptstadt Mustangs.
Grau und Gelbtöne wechseln sich ab, bizarre Felsformationen. steile Berge und tiefe Schluchten, Sand zwischendurch und im Horizont die weißen Gipfel des Himalaya. Unser Fahrer kurbelt und dreht ständig das Lenkrad herum, um durch die engem Kurven zu kommen . Man kann schon Anspannung bei uns erleben, wenn die schmal in den Berg gehauene Piste nur knapp am Abgrund vorbei führt und es neben uns hunderte von Metern in die Tiefe geht. In diesen Momenten kann auch die chinesische Lieblingsmusik unseres jungen Fahrers nicht beruhigen. Bei den steilen Steigungen wundern wir uns immer wieder, wie der Jeep mit 7 Personen und diesem Untergrund mit oft tiefen Rillen es nach oben schafft. Glück haben wir aber auch hier, bei trockenem Wetter, blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein zu fahren. Wie dies bei Regen gehen sollte ist kaum vorstellbar . Nur der gleißende Sonnenschein, der sich in den staubüberzogenen Scheiben bricht, blendet oft nicht ungefährlich.
Vereinzelt überholen wir Menschen mit schweren Lasten, Maultiere oder Pferdekarawanen. Vereinzelt einige Hütten im Nirgendwo, kleine Stupas. Steinhäuser mit Gebetsfahnen auf Passhöhen, und schließlich landen wir sicher in Lo Manthang der Hauptstadt Mustangs. Erst sind wir unsicher, als wir vor unserem Hotel „Lotus“ halten, denn nichts deutet auf eine Hauptstadt hin. Ein größeres Dorf als die anderen, ja, mehr Leben auf den Strassen und Sammelstelle für die wenigen Taxis, die es in Mustang gibt. Auffallend der bescheidene Königspalast des 2008 von der nepalesischen Regierung abgesetzten Königs, die Lo Manthang Art Gallery des berühmten Künstler und Restaurators der Tempelgemälde Padang Gurung, fließendes Gebirgswasseer am Rand der Strasse in einem Kanal, wo sich Frauen ihre Haare waschen. Dazu der Königspalast ohne Fahne – der König von Lo ist heute nicht in der Stadt.

Ich gerate in eine kleine Gasse in Lo Manthang und sehe mir die alten Hausfassaden an, als ein Stück entfernt auf der anderen Seite ein älterer Mann mir plötzlich zuwinkt. Ich erwidere seinen Gruß und wir kommen ins Gespräch. Er nimmt mich mit in sein Haus bis nach oben zum Dach, wo sich ein wunderschöner Blick über die Hauptstadt und die Hochebene bis zu den Bergen ergibt. Aus seinem Munde erfahre ich viel über die Stadt und Mustang, was in keinem Reiseführer zu finden ist. Zum Abschluss unserer intensiven Begegnung schenkt er mir eine sehr alte Maske aus seinem Haus , die die bösen Geister von mir fern halten sollen und wir trennen uns mit einer herzlichen Umarmung. Eine zufällige Begegnung und wir wissen beide, dass es in unserem Leben nur diesen einen Moment der Begegnung gibt.

Lo Manthang ist der Wendepunkt unseres Trekkings. Ein ruhiger Tag an dem wir Teil des normalen Haupstadtlebens sind, mit Besichtigungen und Einkaufen, typischen Gerichten in kleinen Restaurants umgeben von den Geräusche dieser entlegenen Stadt hoch im Himalaya, die uns inzwischen vertraut geworden sind. Die gute und saubere Luft genießen wir ohne die Anstrengung des Trekkens, und unsere Sherpas öffnen uns Türen zu den Menschen, wodurch wir erleben, wie anstrengend es aus unserer Sicht wäre, die Grundbedürfnisse des Lebens auf diese Weise zu sichern – vom Getreidemahlen in einem kleinen Gebäude, in dem man durch den beim Mahlen entstehenden Staub kaum etwas sehen kann – bis in die Küchen der Häuser. Und immer treffen wir auf freundliche und nette Menschen, die sich über unseren Besuch freuen und die hier ihr Lebensglück finden durch Familienstrukturen, Gemeinschaft und Zufriedenheit mit ihrer Welt. Auch auf mich wirkt dies ein und mischt sich mit meiner Vorstellung von Glück.

Früh am nächsten Morgen und noch unter dem Eindruck des Erlebten, sehen wir einen Jeep vor unserem Hotel, den unsere Sherpas zu unserer großen Freude organisiert haben. Aber die Vorfreude trübt sich etwas ein, als wir vom Frühstück zu dem Jeep kommen, der schon fast voll belegt ist, sowohl innen wie auf dem Dach. Vor lauter Mitfahrern finden wir gerade noch Platz für uns . Dann geht die Fahrt mit dem engen, überladenen Jeep los von Lo Manthang zu unserem nächsten Ziel Samar. Die Passstrasse wird enger, und ich merke wie bei unserer Gruppe Angst aufsteigt in der Erinnerung an abgestürzte Fahrzeuge, die wir auf dem Hinweg gesehen haben. Ich sitze links vom Fahrer, immer mit freiem Blick in die tiefe Schlucht neben uns. In einer engen Kurve befinde ich mich schon fast jenseits der Strasse über der Schlucht – durch Zurücksetzen gelingt die Weiterfahrt. Ich spüre die Stimmung hinter mir und bedeute den Sherpas die Fahrt für uns unter diesen Bedingungen schnell zu beenden. Unberührt von allem sind unsere einheimischen Mitfahrer, die schell unsere Plätze einnehmen und in guter Stimmung weiterfahren. Wir stehen auf einem kleinen Hochplateau. Die Anspannung löst sich, der Jeep fährt weiter mit der Zusage, dass man nach Lo Manthan funken wird für ein Ersatzfahrzeug. Eine längere Phase der Ungewissheit, die wir unruhig, unsere Sherpas aber in stoischer Gelassenheit verbringen. Dann werden wir erlöst und sicher nach Samar gebracht , einem Dorf in der Wüstenlandschaft Upper Mustangs. Während dieser Fahrt konnten wir die Schönheit dieser Landschaft richtig genießen, was beim Trekking weniger gelungen war. Samar ist berühmt für die große Anzahl von Chörten rund um das kleine Dorf. Chörten sind Kultbauten des tibetischen Buddhismus im Himalaya-Gebirge, lokale Weiterentwicklungen der Stupas .

Am nächsten Morgen geht es zu Fuß weiter über Kagbeni nach Jonson, vorbei an einigen der 10.000 mysteriösen „Sky Caves“. Diese sind die in die steilen Klippen entlang des Gandaki Flusses gegrabene Beerdigungsstätte und oft auch Zufluchtsort des früheren Königreiches Lo . In Kagbeni freue ich mich sehr über das Wiedersehen mit dem kleinen Mädchen, dem ich die Buntstifte geschenkt hatte. Sie fängt an zu weinen, als ich sie nach Bildern frage und sagt schluchzend, dass sie kein Papier habe. Wir holen alles an Papier aus unseren Rucksäcken, und ich gebe den Sherpas Geld welches zu kaufen und bei ihrem nächsten Auftrag dort vorbeizubringen. Mit fröhlichem Gesicht beginnt sie zu malen und hat fast nicht mitbekommen, dass wir weiter wandern in Richtung Jomson, der Endstation unseres Himalaya Trekkings. Es wird ein kurzer letzter Abend. Der für hier aufgesparte Apfelschnaps hat nach dieser anstrengenden Wanderung im Hochgebirge eine unglaubliche Wirkung, sodass wir ziemlich schnell in tiefen Schlaf versinken. Erholt wachen wir am nächsten Morgen mit dem Gefühl auf, etwas ganz Besonderes erlebt zu haben: Eine große körperliche und geistige Herausforderung zu meistern in einer in ihrer Kargheit doch wunderschönen Natur, mit offenen und herzlichen Menschen. die glücklich und zufrieden in ihrem Glauben und ihrer Tradition leben, weit entfernt von unserem westlichen anspruchsvollen Lebensstil. in den wir allerdings nicht ohne Auswirkungen dieser Erfahrungen zurückkehren.

Palau

2015 – eine Insel voller Wunder

Inselrepublik in Mikronesien im Westen des Pazifiks

Absolute Stille. Nur das Geräusch der in die nachtdunkle See eintauchenden Paddel ist zu hören. Und plötzlich leuchtet das Wasser. Bei ruhiger See und schwachem Mondlicht erleben wir dieses Naturwunder. Bei Berührung im Wasser leuchtet das Plankton und etwas tiefer im Wasser sieht man andere ebenfalls leuchtende kleinste Lebewesen. Bei jedem Paddelschlag kommt das Leuchten wieder. Wir sind in Palau auf Ngellil Nature Island, in einem kleinen Resort, welches nur mit dem Boot zu erreichen ist. Saburo Ishige, der japanische Besitzer der Insel, hatte uns von diesem Naturphänomen erzählt, und dann, an einem Abend nach Einbruch der Dunkelheit, haben wir Glück. Die Bedingungen stimmen, und er holt uns zum Strand. Wir besteigen ein Kanu und paddeln hinter ihm in die Nacht hinein. Irgendwo zwischen den eng beieinander liegenden „Rock Islands“, grüne bewaldete Erhebungen aus Kalkstein, halten wir an und können nicht oft genug die Paddel vorsichtig ins Wasser gleiten lassen, um das Meer zum Leuchten zu bringen

Saburo bindet unser Kanu an seins, paddelt langsam zurück, und wir können einfach nur im Kajak sitzen und das Schauspiel genießen.

Leuchtendes Plankton

Von Taiwan aus sind wir nach einem Familienbesuch weiter nach Palau in Mikronesien geflogen. Eine kleine Republik, die nach Besatzungen durch Spanien, Deutschland und Japan, dann als Treuhandgebiet den USA zugeschlagen, endlich 1994 unabhängig wurde. Zuvor hatte es den von den USA gewünschten Beitritt zu den Föderierten Staaten von Mikronesien verweigert. Für eine Woche hatten wir dieses kleine, fernab liegende und nur mit Boot zu erreichende Ngellil Nature Island Resort gebucht.

Bevor wir in die Abgeschiedenheit der Rock Islands eintauchen, haben wir ein paar Tage, um Palau kennenzulernen und einen Eindruck von den Menschen, den Lebensbedingungen und den Sehenswürdigkeiten zu gewinnen. Mit einem Mietwagen kommen wir zuerst zu den Versammlungshäusern (Abeis), Langhäusern für die Männer, aus deren bunter Bemalung sichtbar wird, dass die Bewohner früher im Matriarchat lebten, von dem sich noch bis heute Teile erhalten haben. Etwas weiter entfernt von unserem Domizil besichtigen wir die beeindruckende Anlage von Ngerchelong, in welcher große schwarze Monolithen mit zum Teil verwitterten Gesichtern über das Gelände verteilt sind. Woher sie kommen ist bis heute unbekannt. Der Sage folgend wurden diese von den Göttern tief im Meer in totaler Finsternis aus den Felsen geschnitten und auf die Insel gebracht, um einen Versammlungsplatz zu bauen. Bei der Arbeit wurden sie durch den Schöpfer des Sonnenlichtes überrascht und gaben den Bau auf, da sie nur im Dunkeln arbeiten können.

In der Abendsonne draußen in einem Restaurant zu sitzen mit Blick auf die grünen Rocks im tiefblauen Wasser, wäre allein schon ein Grund hierher zu fahren und die weißen Strände und die einmalige Unterwasserwelt zu bewundern.

Doch was wir am nächsten Tag erleben, ist ein weiteres zauberhaftes Naturwunder : Die Quallenseen, die in den Rock Islands liegen.

Es sind Seen, die zum Wasseraustausch in Verbindung mit dem Meer stehen. Die Risse im Gestein sind so fein, dass keine anderen Tiere vom Meer hindurch in die Seen gelangen können. Deswegen gibt es hier nur endemische Lebewesen.

Einer dieser Seen ist für Besucher zugänglich, der Jellyfish Lake.

Wir wandern dorthin, um in diesem See zu schnorcheln. Etwas ungläubig, ob wir der Zusage trauen können, dass diese Jellyfische nicht doch bei Berührung brennen, tauchen wir in eine Wunderwelt inmitten von Tausenden von orangefarbenen Quallen, durch die wir vorsichtig hindurchschwimmen, um sie nicht zu verletzen. Von allen Seiten sind wir umgeben und in Kontakt mit den Quallen, die dazu im Gegenlicht der Sonne noch besonders leuchten.

Ein unbeschreibbares Gefühl, sanft unbeschadet mit diesen sonst so unangenehm assoziierten Tieren zu schwimmen. Das Geheimnis ist, dass diese Quallen seit ewigen Zeiten hier leben ohne natürliche Feinde, ausgenommen später eingeschleppte Seeanemonen. Ihre Tentakeln haben sich zurückgebildet und ihr Gift reicht nur für ihre Hauptnahrungsquelle, kleine Ruderflußkrebse. Und weiter geht es danach zum nächsten Naturwunder, von den Einheimischen „The Milky Way “ genannt, eine Bucht, die nicht am Grund aus Sand oder Fels besteht, sondern aus Kalksteinschlamm. Man taucht hinunter und reibt sich den ganzen Körper mit dem kreidehaltigem Schlamm ein, legt sich zum Trocknen in die Sonne und wartet auf die versprochene Verjüngung der Haut, die allerdings lange auf sich warten läßt

Am nächstem Morgen sitzen wir dann in einem Boot und fahren in etwas mehr als einer halben Stunde bei Flut nach Ngellil. Bei Ebbe hätte es fast zwei Stunden gedauert.

Ngellil Nature Island in den Rock Islands – Unesco Kulturerbe der Menschheit

Wir laufen in eine kleine Bucht ein und waten durch das flache Wasser an Land in ein wildes Paradies. Der Besitzer der Insel und sein Koch begrüßen uns höflich und wir beziehen unser Zimmer mit Blick aufs Meer und zur anderen Seite auf die tropische Vegetation des Regenwaldes. Alles ist aus natürlichen lokalen Materialien, dies ist das Prinzip der Anlage. Erst da erfahren wir, dass wir die einzigen Gäste für die ganze Zeit unseres Aufenthaltes sind. Nur einmal kommt ein Boot mit einem Brautpaar für romantische Hochzeitsfotos kurz hierhin.

Wir schwimmen in der kleinen Bucht, bewundern blaue Seesterne, dösen unter Palmen in Hängematten. erkunden die nähere Umgebung. Gegen Abend hören wir Flötenklänge, ein Ritual, das sich jeden Abend wiederholt. Saburo Ishige spielt Flöte und danach ist es Zeit für das Abendessen. Ein Feuer lodert und das Essen wird uns auf Bananenblättern serviert. Alles ist frisch aus dem Meer, die Beilagen auf der Insel angepflanzt oder im Regenwald geerntet. Daneben viele kleine Leckerbissen und Gemüse, deren einheimische Namen wir uns aber nicht merken können. Am nächsten Tag wandern wir mit Saburo Ishige in den Dschungel zu einem besonderen Baum, den Power Baum, aus dem er persönlich seine Kraft bezieht, indem er ihn für einen kurzen meditativen Moment fest umarmt. Danach zeigt und erntet er Pflanzen und Obst, die für uns in den nächsten Tagen zubereitet werden. Immer auf einem offenen Feuer in dunkler tropischen Nacht unter einem traumhaften Sternenhimmel. Dazu das Knistern der Flammen und die nächtlichen Geräusche des Dschungels. Über uns umkreisen die Satelliten und die Raumstation die Erde. So verbringen wir die Abende zu Viert.

Und noch einmal geht es am nächsten Tag in den Dschungel zu einer weiteren Sehenswürdigkeit. Die Insel hat auch den Beinamen Stonemoney Island. Wir wandern durch den Dschungel, und dann, in einer Lichtung sehen wir den riesigen Stein mit einem Loch in der Mitte: das berühmte Steingeld dieser Region.

Stone Money auf Palau

Hier wurde es produziert und dann übers Meer auf abenteuerlichen Fahrten nach Yap gebracht, eine der Inseln Mikronesiens – 452 km Luftlinie entfernt. Bis heute kann man sie dort sehen, und sie haben immer noch ihren Wert als Zahlungsmittel. Entscheidend für den Wert ist aber nicht die Größe, sondern es sind die zu überwindenden Gefahren beim Transport über das Meer mit Kajaks. Hier stehen wir vor einem zurückgebliebenen Stone money.

Viel zu schnell vergeht die Zeit. Bevor wir auf die Hauptinsel zum Rückflug kommen, erleben wir die einmalig schöne Unterwasserwelt. Wir tauchen in dieses Farbenspiel der Korallen und Fische ein – zuerst an einem Riff mit blauen Korallen. Ein zweiter Stopp am Beginn eines Channels. Wir gleiten mit der Strömung bis fast zum Ende des Kanal, wo unser Boot auf uns wartet. Es ist nicht einfach, dann aus der Strömung seitwärts hinauszuschwimmen. Palau ist ein unvergleichliches Unterwasserparadies, erstes Haischutzgebiet der Welt und seit 1992 auf der World Heritage Liste mit den Rock Islands Southern Lagoon. Einen Teil davon so intensiv zu erleben bleibt unvergesslich. Schwerer konnte uns der Abschied nicht gemacht werden als mit dem Eintauchen und Treibenlassen in dieser Korallenwunderwelt mit Meerestieren in allen Farben und Formen.

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